Der November ist vollgepackt mit Terminen rund um den Netzausbau und in unserer Region Fulda erhitzt nach wie vor die SuedLink-Trasse die Gemüter, eine der größten geplanten Höchststromleitungen Europas. Am 18. November sind einige Vertreter der Bürgerinitiativen nach Berlin eingeladen, um mit Netzbetreiber TenneT in einen erneuten „Dialog“ zu treten.
Der Netzentwicklungsplan wurde ja überarbeitet und soll nun den Bürgerinitiativen vorgestellt werden. Die Fronten sind verhärtet, es scheint keine Möglichkeit zu geben, einen Kompromiss auszuhandeln, der beiden Seiten gerecht werden kann. Warum auch? Solange die Debatte um die Stromautobahn SuedLink nicht fair geführt wird, kann man kein zufriedenstellendes Ergebnis erwarten.
Bei den Bürgerinitiativen rauchen die Köpfe und man versucht Strategien zu entwickeln, um den SuedLink zu verhindern. Doch die Politik hat auf höherer Ebene schon längst entschieden:
Abstimmung in der Europäischen Kommission zu:
Energie – Energieinfrastruktur – Projekte von gemeinsamem Interesse (PCI)
Am 29. Oktober 2014 stimmten die Mitgliedstaaten für die Bereitstellung von 647 Mio. Euro für wichtige Energieinfrastrukturprojekte. Die Gelder gehen an 34 Maßnahmen, die im Wege einer Ausschreibung im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) ausgewählt werden. Die CEF ist mit einem Budget von 5,85 Mrd. Euro für die Förderung transeuropäischer Energieinfrastrukturen bis 2020 ausgestattet.
Nach der Abstimmung muss die Europäische Kommission nun einen förmlichen Beschluss mit der Liste der kofinanzierten Maßnahmen und den jeweils gewährten Höchstbeträgen erlassen.
Diese Maßnahmen werden Projekte von einer im Oktober 2013 gemäß den neuen Leitlinien für transeuropäische Energieinfrastruktur veröffentlichten Liste mit 248 wichtigen Energieinfrastrukturprojekten vorantreiben. Dank der Einstufung als „Projekte von gemeinsamem Interesse“ (PCI) kommen sie in den Genuss schnellerer und effizienterer Genehmigungsverfahren und einer verbesserten regulatorischen Behandlung.
PCI müssen einen wesentlichen Nutzen für mindestens zwei Mitgliedstaaten bieten, zur Marktintegration beitragen und den Wettbewerb fördern, die Energieversorgungssicherheit steigern und CO2-Emissionen reduzieren. Die PCI-Liste wird alle zwei Jahre aktualisiert.
PCI Nr. 2.10
Inländische Verbindungsleitung zwischen Brunsbüttel-Großgartach und Wilster-Grafenrheinfeld (DE) zur Erhöhung der Kapazität an den nördlichen und südlichen Grenzen.
Das sind die Fakten. Uns will man den SuedLink als Windstromleitung verkaufen, angeblich für die Versorgungssicherheit in Bayern unumgänglich. Doch übergeordnet allen nationalen Bedürfnissen, ist der internationale Stromhandel. Egal, welcher Strom letztendlich durch die Leitungen fließen wird, ob Kohle-, Atom- oder auch Windstrom, Hauptsache „der Rubel rollt“.
Als PCI (=Project of common interest) eingestuftes Projekt unterliegt die SuedLink-Trasse (Wilster-Grafenrheinfeld) einem schnelleren Genehmigungsverfahren und somit können die Bürger perfekt ausgebremst werden. Unterstützt von schlechter und verzögerter Informationspolitik durch TenneT und Bundesnetzagentur werden die Einspruchmöglichkeiten dermaßen erschwert, dass nur hartnäckiger Widerstand am Ende erfolgreich sein kann.
Unser Appell:
Auch wenn der Bedarf am Netzausbau festgestellt ist, es darf keine Monstertrassen durch Deutschland geben! Die Zukunft liegt in neuen Technologien, die bereits erprobt und einsatzbereit sind, die einen umweltverträglichen Netzausbau gewährleisten können und für die Menschen kein gesundheitliches Risiko darstellen.
SuedLink soll über Jahrzehnte hinweg den Stromhandel und die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleisten, also muss man sich bei der Planung am aktuellsten Stand der Technik orientieren. Die Welt verändert sich in rasantem Tempo und es wäre eine fatale und unverantwortliche Entscheidung für nachfolgende Generationen, sich für ein bereits heute überholtes System mit Freileitungsmasten zu entscheiden. Dabei die Zerstörung von Natur, Landschaft und Lebensraum wissend in Kauf zu nehmen, ist gesellschaftspolitisch unverantwortlich.
Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit und wir sind definitiv nicht bereit, als Versuchskaninchen bei dem Projekt SuedLink missbraucht zu werden. Die gesundheitlichen Risiken sind eindeutig vorhanden und solange keine fundierten Angaben zu Wahrnehmungs-, Belästigungs-, Schmerz- und Gefährdungseffekten durch HGÜ-Technik möglich sind, lehnen wir Freileitungen ab.
Da weder TenneT noch die Bundesnetzagentur die behaupteten hohen Mehrkosten der Erdverkabelung gegenüber Freileitungen belegen und erklären können, fordern wir Aufklärung über die zugrunde liegende Kostenkalkulation. Denn wir zweifeln daran, dass es bereits eine seriöse Kostenberechnung gibt.
Der Netzausbau wird uns viel Geld kosten. Doch in Anbetracht der Subventionen für Windkraft und auch der Kostenbefreiung für viele energieintensive Wirtschaftsunternehmen, die wir „normalen Stromverbraucher“ bzw. Steuerzahler, Jahr für Jahr bereits stemmen müssen, werden sich die Mehrkosten für Erdverkabelung relativ gering halten. Mit dem Unterschied, dass wir diesmal für unsere Gesundheit und unsere Lebensqualität zahlen würden.
Hessen ist bei SuedLink lediglich Transitland, Bayern prüft zurzeit den Bedarf der Trasse und setzt auf dezentrale Stromversorgung. „Power to Gas“ ist nach wie vor ein viel diskutiertes Thema und findet immer mehr Befürworter. Ökostrom in Gas umwandeln und dadurch speicherbar machen, diese zukunftsträchtige Speichermethode hat eine enorme Bedeutung für die 100%ige Versorgung Deutschlands mit erneuerbaren Energien und wird von einem Forschungsverbund aus Unternehmen und Instituten auf ihre Eignung für die Energiewende überprüft. Noch ist die Netzsicherheit in Deutschland gewährleistet und so sollte man zumindest die in absehbarer Zeit, voraussichtlich in einem halben Jahr anstehenden Ergebnisse zu diesem Forschungsprojekt abwarten, denn immerhin wird es auch durch das Bundesumweltministerium gefördert.
Daher ist es gerade zum jetzigen Zeitpunkt äußerst wichtig – und hier sind eindeutig die Politiker aller Parteien gefragt – besonnen und verantwortungsvoll mit dem Thema Netzausbau umzugehen und keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen, nur weil Monopolisten und Lobbyisten Angst vor Macht- und Gewinnverlust haben.