Gesundheitliches Risiko Gleichstromtrasse

Prolog

Geht es um die Abwägung gesundheitlicher Risiken, so lohnt ein Blick über den Tellerrand: Schaut man beispielweise auf die Position der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Thema Elektronische Zigaretten. Hier wird mangels Studien über die langfristige Auswirkungen von E-Zigaretten eine ablehnende, warnende Haltung eingenommen. Das Fazit: „Die Sicherheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit der E-Zigarette ist nicht erwiesen. Daher ist vom Konsum abzuraten.“

Auch beim Thema Gleichstrom ist festzuhalten, dass es zu den negativen Auswirkungen von Gleichstrom auf die menschliche Gesundheit noch keine fundierten Langzeitstudien gibt. Die gesundheitlichen Risiken werden allerdings von Industrie und Politik heruntergespielt. Eine ablehnede Haltung bzw. ein Abwarten entsprechender Studien? Fehlanzeige!

Gleichstromtrasse – eine gesundheitliche Grauzone

Letztlich ist jeder Mensch verschieden. So wie wir unseren Alltag unterschiedlich gestalten, so reagieren wir auch unterschiedlich auf diverse Umwelteinflüsse. Die einen sind äußerst lärmempfindlich, andere haben wiederum einen sensiblen Geruchssinn. Mit einer sich rasant verändernden Welt sowie der Vernetzung und zunehmenden Technologisierung unseres Alltags geht auch eine sätrker werdende Belastung der Gesundheit einher. Immer mehr Menschen plagen sich mit Allergien, manche können bei Vollmond nicht schlafen. Und in vielen Fällen bleiben die Ursachen und Hintergründe unentdeckt bzw. nicht erklärbar. Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Gliederschmerzen, Hautausschläge, Schlafstörungen, bis hin zu den unterschiedlichsten Krebserkrankungen – jeder hat damit auf die eine oder andere Weise schon seine Erfahrungen gemacht.

Jetzt wird eine Gleichstromtrasse ungeahnten Ausmaßes quer durch Deutschland gebaut, eine erneute Strahlenquelle, doch angeblich ohne schädliche Auswirkungen auf den Menschen. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, gesundheitliche Beeinträchtigungen seien nicht zu erwarten, empfohlene Grenzwerte würden angeblich sogar unterschritten.

Doch wir sollten mit Skepsis reagieren, wenn uns jemand Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellt, ohne auf fundierte wissenschaftliche Langzeitstudien zurückgreifen zu können. Zurecht werden die Stimmen immer lauter, die sich für mehr Schutz und Vorsorge durch Vermeidung und Minimierung von Strahlenbelastung im Allgemeinen einsetzen und dies auch auf gesetzlicher Ebene fordern.

 

Gesundheitliche Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder

Recherchiert man ein wenig im Internet, so stößt man schnell auf mögliche Risiken, die u.a. vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) als „Gesundheitliche Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder“ thematisiert werden. Demnach treten in bewohnten Gebieten heute künstliche Magnetfelder großräumig, intensiv und dauerhaft überall dort auf, wo elektrischer Strom fließt. Die Feldstärken liegen in vielen Fällen bereits mehr als zehntausend- bis millionenfach höher als die natürlichen Felder und damit im Bereich von biologisch nachweisbaren oder vermuteten Wirkungen.

„Wenn es Alternativen gibt, die den Ausbaubedarf verringern, dann müssen sie ebenfalls geprüft werden und im Zweifel Vorrang erhalten“, sagte der BUND-Experte. „Nicht eintreten darf, dass jetzt der Neubau möglichst vieler Trassen forciert wird. Viele davon könnten sich schon in wenigen Jahren als Fehlplanungen erweisen“, so BUND-Energieexperte Werner Neumann.

Epidemiologische Untersuchungen an Bevölkerungsgruppen, die erhöhten magnetischen Feldern ausgesetzt waren, deuten auf höhere Risiken für bestimmte Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen bereits bei Flussdichten von weniger als 1 µT hin. Die Studien weisen auch auf den starken Verdacht, dass niederfrequente Magnetfelder ab etwa 0,2 µT zu einem erhöhten Leukämierisiko bei Kindern führen.

Entscheidend ist letztlich die gesamte, auf den Menschen einwirkende Feldstärke. Auch die örtlichen und häuslichen Stromversorgungsleitungen verursachen bei geringen Abständen durchaus Expositionen von >0,3 Mikrotesla. Solche Einwirkungen in unmittelbarer Nähe werden oft unterschätzt.

Die Frage eines ausreichenden Schutzes vor zusätzlich einwirkenden Feldern durch Hochspannungsleitungen ist aufgrund der vielfältigen Quellen im täglichen Lebensumfeld daher nicht leicht zu beantworten. Ein Herunterspielen der Risiken durch die Befürworter der Stromtrasse ist jedoch purer interessensgeleiteter Lobbyismus.

Letztlich sollte es jedem selbst überlassen sein, sich eine eigene Meinung zu bilden.

SuedLink – Geschichte einer Monstertrasse

Worum geht es?

Bundesnetzausbau, Streitpunkt Stromtrasse SuedLink. In dem umstrittenen Projekt fragen regional Betroffene seit Wochen nach Details zur bevorzugten Trasse. Bislang vergeblich. Daher ist es Zeit, Aufklärung zu betreiben und eine stärkere Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen!

SuedLink ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW. Mit insgesamt ca. 800 Kilometern Länge handelt es sich um das größte Infrastrukturprojekt der Energiewende. Die Verbindung zwischen Wilster bei Hamburg und Grafenrheinfeld in Bayern ist bereits in den Bundesbedarfsplan aufgenommen worden. Zunächst wird die Bundesfachplanung für die Verbindung von Wilster nach Grafenrheinfeld eröffnet. Die Antragsstellung ist noch für den Herbst 2014 geplant. Bei SuedLink handelt es sich um ein länderübergreifendes Vorhaben. Die Bundesnetzagentur entscheidet letztendlich über den Bau der Stromtrasse.

Im Jahr 2022 soll die SuedLink Trasse in Betrieb gehen, rechtzeitig zur Abschaltung der letzten Atomkraftwerke. Bis dahin werden weithin sichtbare Schneisen durch Wälder, Felder, Dörfer, Städte gezogen, Erdbewegungen unvorstellbaren Ausmaßes werden ganze Landschaften über Jahre hinweg zerstören. Transportstraßen müssen gebaut werden, schweres Gerät und Material wird täglich transportiert werden. Lärm und Umweltverschmutzung werden zu unseren täglichen Herausforderungen zählen. Waren wir bisher schon entsetzt, was die wirtschaftliche Nutzung unserer Wälder angerichtet hat und weiterhin anrichtet, durch das Riesenprojekt SuedLink wird unsere Natur, Lebensraum von Tier und Mensch für immer zerstört. Jetzt, wo die Renaturierungsmaßnahmen, die durch den Bau der Bahntrasse erforderlich waren, langsam zu greifen beginnen, wird die Monstertrasse SuedLink eine derart große Umweltbelastung darstellen, dass das Projekt für viele Tiere zum Überlebenskampf werden wird, den nicht alle gewinnen werden. Und wir Menschen?

„[…] Es gibt noch acht Atomkraftwerke die laufen. Ich will, dass sie abgeschaltet werden und dann muss man irgendwann auch die Frage beantworten: Wie bekommt man den Strom dahin, wo er gebraucht wird?“, so Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir gegenüber dem Hessischen Rundfunk.

 Aber: Es stellen sich noch ganz andere Fragen die beantwortet werden wollen:

  • Warum spricht niemand davon, dass durch den Ausbau der Stromnetze hauptsächlich der Handel mit Strom vorangetrieben wird?
  • Warum gibt niemand zu, dass es sich vordergründig um wirtschaftliche Interessen handelt? Um Geld verdienen zu einem hohen Preis, der von den Menschen bezahlt wird, die dann für immer von den Strommasten umzingelt sind?
  • Warum werden die gesundheitlichen Risiken klein geredet, wo es sich doch um ein Pilotprojekt handelt und keine Langzeitstudien zum Thema der gesundheitlichen Auswirkungen von Gleichstrom existieren?
  • Warum warnt uns niemand vor elektrostatischen Störungsfeldern, vor entstehenden Raumladungswolken, die eine Beeinträchtigung von Antennen- und Satellitenempfang zur Folge haben werden?
  • Was ist das für eine Energiewende, wenn künftig durch ein riesiges europaweites Stromnetz Atomstrom aus dem Ausland und schmutziger Kohlestrom transportiert werden soll?
  • Warum sind wir Dorfbewohner Menschen zweiter Klasse? Alle Nachteile des Landlebens nehmen wir in Kauf, weil wir entweder hier geboren sind oder die Natur lieben und als schützenswert erachten, warum missachtet man unsere begründeten Bedenken gegen dieses Milliardenprojekt SuedLink?

Ja warum?

Weil unsere Stimme nur im Wahlkampf zählt. Weil man mit unseren Steuergeldern gerne milliardenschwere Versuchsprojekte finanziert. Weil im Falle einer Fehlinvestition niemand zur Verantwortung gezogen wird. Weil wir erst informiert werden, wenn es zu spät ist.

Wir leben auf dem Land, aber nicht hinterm Mond! Wir müssen beweisen, dass wir kämpfen können. Jeder einzelne, alle zusammen für das gleiche Ziel:

Keine SuedLink-Trasse durch den Kiebitzgrund!

 

Netzausbau: Das müssen Sie wissen

Die Energiewende wird sichtbar: Durch die Energiewende und den wachsenden europäischen Stromhandel wird der geplante umfangreiche Ausbau der deutschen Höchstspannungsnetze begründet. Bis 2022 soll eine 800 Kilometer lange Stromtrasse durch Deutschland gebaut werden. Ziel ist die Schaffung von Voraussetzungen für mehr Wettbewerb auf den Märkten für Energieerzeugung, Energiehandel und Energielieferungen. Die Netzbetreiber TenneT und TransnetBW präsentierten am 05. Februar 2014 einen ersten Vorschlag für die 800 Kilometer lange Haupttrasse des Projekts “SuedLink” – und ein größerer Teil der Route führt auch durch Hessen, genauer gesagt: Direkt durch den Kiebitzgrund.

Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Seit dem Jahr 2011 übernimmt die Bundesnetzagentur zudem Aufgaben im Bereich des Netzentwicklungsplans.

Gesetzliche Grundlage
Die gesetzlichen Grundlagen für die Tätigkeit der Bundesnetzagentur im Energiebereich sind das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG).

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Die Betreiber von Energieversorgungsnetzen (Netzbetreiber) werden von der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden überwacht. Das Energieversorgungsnetz wird sowohl von Energielieferanten („Netznutzern“) zur Belieferung von Kunden als auch von Kraftwerksbetreibern zur Einspeisung von Elektrizität benötigt. In Deutschland sind vier Netzbetreiber tätig: Amprion, TransnetBW, Tennet TSO und 50Hertz Transmission. Sie haben sich zum deutschen Netzregelverbund zusammengeschlossen, um das Gleichgewicht von Verbrauch und Erzeugung elektrischer Leistung in untereinander verbundenen Stromnetzen zu optimieren. Damit diese Monopolstellung nicht ausgenutzt wird um ausgewählte Netznutzer zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen, müssen Regulierungsbehörden den fairen Zugang zu den Energieversorgungsnetzen sicherstellen. Das ist u.a. auch die Aufgabe der Bundesnetzagentur.

Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)
Seit 2011 erfüllt die Bundesnetzagentur darüber hinaus verschiedene Aufgaben beim Ausbau der Stromnetzinfrastruktur. Da die deutschen Stromnetze in ihrem jetzigen Zustand nur bedingt auf den zusätzlichen Transport großer Mengen erneuerbarer Energien vorbereitet sind, wurde die Bundesnetzagentur mit Verabschiedung des NABEG beauftragt, für einen beschleunigten Ausbau zu sorgen. Effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen dies ermöglichen. Seit Juni 2013 wurde der Bundesnetzagentur die Kompetenz für die Durchführung von Planfeststellungsverfahren für länder- und grenzüberschreitende Netzausbauvorhaben übertragen.

Planungsverfahren beim Bau von Übertragungsnetzen
Vereinfacht ausgedrückt gibt es drei Planungsebenen für den Bau von Übertragungsnetzen, zum Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundsystem: Bedarfsermittlung, Bundesfachplanung und Planfeststellung. Im Austausch mit den Behörden, Vereinigungen und der Öffentlichkeit sollen die Anforderungen an die Planung möglichst frühzeitig geklärt werden. Beteiligung am Verfahren ist zu verschiedenen Zeitpunkten jedem Bürger möglich.

Das Projekt SuedLink befindet sich momentan planungstechnisch gesehen zwischen der Bedarfsermittlung, die vorliegt, und der Bundesfachplanung. Die aktuellen Informationsveranstaltungen der Fa. TenneT sind Teil der vorgezogenen Bürgerbeteiligung.

Netzausbau in fünf Schritten:

timeline

1) Szenariorahmen >>> Dies ist bereits geschehen!
Der Szenariorahmen beschreibt die wahrscheinlichen Entwicklungen der deutschen Energielandschaft in den kommenden Jahren und wird von den Netzbetreibern entworfen. Genehmigt wird er von der Bundesnetzagentur, Resultat ist der Netzentwicklungsplan.

2) Netzentwicklungsplan >>> Dies ist bereits geschehen!
Der Netzentwicklungsplan muss von der Bundesnetzagentur bestätigt werden. Mögliche Umweltbelastungen werden im Umweltbericht festgehalten.Bürger, Verbände und Behörden können in Beteiligungsrunden konstruktiv am Netzentwicklungsplan und an der Umweltprüfungmitarbeiten. Bestätigte Netzentwicklungspläne und Umweltberichte dienen als Entwurf eines Bundesbedarfsplans.

3) Bundesbedarfsplan >>> Dies ist bereits geschehen!
Der Bundesbedarfsplan enthält eine Liste der benötigten Leitungsvorhaben (bei Neubauprojekten jeweils mit Angabe der Start- und Endpunkte). Wesentlicher Teil des Bundesbedarfsplans ist eine Liste künftiger Höchstspannungsleitungen. Die Bundesregierung muss mindestens alle drei Jahre einen solchen Entwurf dem Bundesgesetzgeber zur Abstimmung vorlegen. Mit dem Erlass des Bundesbedarfsplangesetzes sind nun die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf verbindlich festgestellt, die Anfangs- und Endpunkte der künftigen Höchstspannungsleitungen fest.

4) Bundesfachplanung
Bundesfachplanung nennt man das Verfahren bei dem nun die Trassenkorridore festgelegt werden. Bis zu 1.000 Meter breite Streifen, in denen später einmal die Leitungen verlaufen werden. Dazu gehört auch eine erneute Strategische Umweltprüfung. Zunächst schlägt der zuständige Netzbetreiber einen Korridorverlauf vor. In seinem Antrag muss er zudem auch mögliche Alternativen darlegen. Das bundesweit einheitliche Vorgehen soll die Planung der benötigten Leitungen beschleunigen. Die Verantwortung für Höchstspannungsleitungen, die durch mehrere Bundesländer oder ins Ausland führen sollen, liegt grundsätzlich bei der Bundesnetzagentur. Die in der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridore sind verbindlich für die anschließende Planfeststellung und werden nachrichtlich in den Bundesnetzplan aufgenommen.

>>> Sobald die beiden zuständigen Netzbetreiber TenneT und TransnetBW einen Antrag stellen, beginnt die Bundesfachplanung. Dies soll für die SuedLink-Trasse im Herbst 2014 geschehen!

5) Planfeststellung
Die Planfeststellung bzw. das Planfeststellungsverfahren beginnt wieder mit einem Antrag des zuständigen Netzbetreibers und erfolgt auf Grundlage der Bundesfachplanung. Dieser Antrag enthält Pläne und Beschreibungen des konkreten Leitungsvorhabens und Erläuterungen zu den Umweltauswirkungen. Die Bundesnetzagentur führt nun mit den Trägern öffentlicher Belange sowie den Vereinigungen und Verbänden eine Antragskonferenz durch. Die Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens werden von den entsprechenden Behörden auf Umweltverträglichkeit geprüft. Der exakte Leitungsverlauf ist nun festgelegt, die Maststandorte sind bekannt und auch die Wege auf denen später die Baufahrzeuge fahren können.

>>> Der Planfeststellungsbeschluss ist der letzte, endgültige Schritt des Verfahrens. Die Höchstspannungstrasse wird gebaut.

Auswirkungen des Projekts SüdLink auf die Natur

Naturschutz fängt vor der eigenen Haustür an. Doch immer mehr natürliche Lebensräume werden zerstört, Regeln zur behutsamen Nutzung der Natur werden gebrochen.

Die geplante SuedLink HGÜ-Leitung der Fa. TenneT durch den Kiebitzgrund wird die aufwendigen Renaturierungsmaßnahmen der letzten Jahre (notwendig geworden durch den Bau der Schnellbahntrasse) zunichte machen. Zu einem Zeitpunkt, an dem sich Flora und Fauna langsam zu erholen scheinen, steht ein Riesenprojekt an, das ganze Landstriche über Jahre in eine Baustelle verwandeln wird.

Wer sich die Zeit nimmt und einmal in den Vogelsberg fährt, kann an den derzeitigen Baumaßnahmen für den neuen Windpark Berngerode bei Rimbach erkennen, welche Maßnahmen für solche Großprojekte nötig sind. Werden die Windräder dort weitab von bewohntem Gebiet gebaut, haben wir die Baustelle dann direkt vor der Haustür. Wiesen, Felder, Waldwege, umfunktioniert in riesige Materiallagerplätze und Baustraßen. Staub, Dreck, Lärm. Die SuedLink-Trasse ist nicht auf ein Gebiet beschränkt, auf ihrem Weg quer durch Deutschland zieht sie eine Schneise der Verwüstung durch den ganzen Kiebitzgrund.

Unser Wald ist, im Vergleich zu anderen Waldgebieten in Hessen, eigentlich ein Wäldchen. Kein Naturschutzgebiet, kein touristischer Anziehungspunkt. Aber deshalb nicht schützenswert? Viele Vogelarten, die auch schon vom NABU zum „Vogel des Jahres“ ernannt wurden, leben hier. Müssen wir erst über „Vom Aussterben bedroht“ sprechen, bevor ein Umdenken stattfindet?

Der Grünspecht z.B., Vogel des Jahres 2014, nicht vom Aussterben bedroht – soll man in diesem Fall sogar leider sagen? – aber angewiesen auf alte Bäume um seine Höhlen anlegen zu können, fühlt sich bei uns wohl und ist gern gesehener Gast im Garten, da gerade Ameisen zu seiner Lieblingsspeise zählen. Doch wie lange wird er noch bleiben?

Der Rotmilan, noch zieht er seine Kreise über unserem Wald und den angrenzenden Wiesen und Äckern. Bereits im Jahr 2002 wurde er in die Vorwarnliste gefährdeter Brutvögel in Deutschland aufgenommen. Stromtrassen stellen eine erhebliche Gefahr für diesen großen Greifvogel dar.

Oder der Kiebitz. Während des Winters und der Zugzeit halten sich Kiebitze gerne auf abgeernteten Feldern und gepflügten Äckern auf. So kann man auch im Kiebitzgrund (wie der Gebietsname schon verdeutlicht) in manchen Jahren Scharen von Kiebitzen (sehr eindrucksvoll zuletzt im Jahr 2013) auf den Feldern von Langenschwarz, Hechelmannskirchen, Großenmoor über Schlotzau bis hin ins benachbarte Michelsrombach beobachten. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Auch Kraniche und Wildgänse führt der jährliche Vogelzug direkt über den Kiebitzgrund. Wie wird sich die Stromtrasse auf ihre Flugsicherheit und ihr Verhalten auswirken?

Da der Wald durch die Forstwirtschaft bereits ökonomisch genutzt wird, können sich die heimischen Tiere immer schwerer in ihrem natürlich angestammten Lebensraum zurechtzufinden. Auch die Fauna leidet. Konnte man sich vor einigen Jahren noch über ertragreiche Pilzgebiete freuen, sind sie inzwischen durch den Einsatz der schweren Gerätschaften im Wald dauerhaft zerstört worden. Sogar Heidelbeersträucher wurden professionell abgeschnitten und massenweise vermarktet.

Jetzt auch noch eine Megastromtrasse? Ein Pilotprojekt, ohne ausreichende Bedarfsanalyse, ohne Erfahrungswerte. Gerade von einem GRÜNEN Wirtschaftsminister in Hessen hätte man erwarten können, dass er solche Einschnitte in die Natur kritischer betrachtet.

Wir kämpfen für unsere Zukunft

Ich lebe nun schon seit 31 Jahren in der Gemeinde Burghaun (OT Schlotzau) und habe in dieser langen Zeit die Menschen und das Leben auf dem Land schätzen gelernt. Der Alltag für die Bevölkerung des Kiebitzgrundes ist allerdings mit vielen Einschränkungen verbunden. Wenig Arbeitsplätze, keine Einkaufsmöglichkeiten, eingeschränkte gesundheitliche Versorgung, schlechte Infrastruktur, diese Liste könnte noch lange fortgesetzt werden.

Warum leben wir also hier? Weil wir entweder hier geboren sind oder weil wir wissen, dass das Leben auf dem Land einen unschätzbaren Wert besitzt. Ruhe, Erholung, natürlicher Lebensraum, Entschleunigung des Alltags. Eine Flut an Zeitschriften und Hochglanzmagazinen steigert jährlich ihre Auflagen, weil sie den Menschen die Schönheiten einer unberührten Landschaft nahebringen und damit viele Sehnsüchte wecken.

Heile Welt? Bestimmt nicht! Denn der vielgepriesene wirtschaftliche Fortschritt macht vor unseren Dörfern nicht halt. Obwohl schon umzingelt von der Autobahn A7 im Osten, der ICE-Strecke im Westen und einer Bahnstromtrasse quer durch den Kiebitzgrund Richtung Süden, werden die Begehrlichkeiten aus Politik und Wirtschaft immer lauter. Unser Wald, Naherholungsraum und Rückzugsort für bedrohte Tiere, wird von der Forstwirtschaft intensiv genutzt und hat in den letzten Jahren sehr gelitten. Als Windkraftvorzugsfläche sind wir im Gespräch und eine Gasleitung verläuft ebenfalls durch unser Gebiet.

Und dann gibt es ja noch das Milliardenprojekt SuedLink. Das ehrgeizige Projekt zum Stromnetzausbau der Bundesregierung im Zuge der Energiewende. Informationen dazu finden Sie auf dieser Seite zur Genüge.

In meiner Ursprungsheimat Osttirol sind die Menschen schon seit Jahrzehnten im aktiven Widerstand gegen die Zerstörung der Natur. Mit viel Engagement versuchen sie Staumauern, Flussumleitungen, Verbauungen und Raubbau zu verhindern. Ein schwieriger Kampf, denn auch dort sind die wirtschaftlichen Interessen groß, die Aussicht auf schnellen Profit verlockend. Aber einmal zerstört, gibt es kein Zurück mehr, die Natur gerät aus dem Gleichgewicht.

Doch der Kampf lohnt sich, hier wie dort. Machen wir uns gegenseitig Mut und verlassen die scheinbare Wohlfühlzone der Anonymität, erheben wir unsere Stimme für ein gemeinsames Ziel: Schützen wir unsere Heimat vor Profitgier und Zerstörung, damit unsere Dörfer eine Zukunft haben!

Herzlichst
Maria Quanz

Bundesnetzausbau: So wird der Kiebitzgrund unter Strom gesetzt

Die Energiewende wird sichtbar: Bis 2022 soll eine 800 Kilometer lange Stromtrasse durch Deutschland gebaut werden. Die Netzbetreiber TenneT und TransnetBW präsentierten am 05. Februar 2014 einen ersten Vorschlag für die 800 Kilometer lange Haupttrasse des Projekts „SuedLink“ – und ein größerer Teil der Route führt auch durch Hessen, genauer gesagt: Direkt durch den Kiebitzgrund.

Die geplante Stromtrasse soll parallel zur vorhandenen Stromtrasse (30m Höhe) verlaufen, die Strommasten aber um ein Vielfaches höher (70 Meter hoch, Korridor 40m breit). Der Eingriff in Natur und Umwelt,in die Lebensqualität und Gesundheit der Bevölkerung im Kiebitzgrund ist immens.

Seit der Informationsveranstaltung der Firma TenneT in Langenschwarz am 24. Juli 2014 steht fest: Der geplante Trassenkorridor wird das Leben in unseren Dörfern im Kiebitzgrund für immer negativ verändern. Doch im Gegensatz zu anderen Gemeinden und Städten in denen Bürgerinitiativen und Vereine schon erste konkrete Erfolge beim Widerstand gegen die Südlink-Stromautobahn verzeichnen können, scheint der Protest im Kiebitzgrund noch nicht ausreichend organisiert zu sein. Oder drastischer formuliert: Der Kiebitzgrund schläft.

Warum geht kein Aufschrei durch die Bevölkerung? Warum erfolgt keine ausführliche Stellungnahme in den Medien? Warum gibt es keine gemeinsamen Aktionen, die unsere ablehnende Haltung gegenüber dieser Monstertrasse eindrucksvoll unterstreichen würden? Warum setzt sich die Politik nicht für die Interessen der Bürger ein? Wo bleibt die Transparenz der bisherigen Bemühungen der Gegenbewegung?

Es ist Zeit, die Diskussion zu beginnen. Und zwar: öffentlichkeitswirksam, gemeinsam und mit einem klaren Ziel vor Augen.

Weiterführende Links

Von Politik, Betreiber und Bürgern aus anderen Regionen gibt es etliche Stellungnahmen im Internet. Lesenswerte Informationen sind unten aufgelistet. Nun gilt es, auch den Interessen der Bürger im Kiebitzgrund Aufmerksamkeit und eine Stimme zu verleihen!