Energieland Hessen

Thorsten Schäfer-Gümbel SPD fordert einen zweiten (?) Energiegipfel in Hessen, JETZT ! Ach, da war ja mal was,…

Können Sie sich noch an den ersten Hessischen Energiegipfel erinnern? Dieser wurde von Ministerpräsident Volker Bouffier im Jahr 2011 – dem Jahr der Reaktorkatastrophe von Fukushima – begründet, um über die wesentlichen Fragen der Energiewende zu beraten. Vier inhaltliche Arbeitsgruppen wurden gebildet:

  • AG 1: „Ausbau eines zukunftsfähigen Energiemixes aus erneuerbaren und fossilen Energien in Hessen“
  • AG 2: „Identifizierung von Energieeffizienz- und Energieeinsparpotenzialen in Hessen“
  • AG 3: „Anforderungen an eine verlässliche und versorgungssichere Energieinfrastruktur“
  • AG 4: „Gesellschaftliche Akzeptanz einer veränderten Energiepolitik in Hessen“

Ausbau der erneuerbaren Energien, Forschung und Entwicklung verbesserter Speichertechnik, eine Technologie-Offensive um die Umstellung der hessischen Energieversorgung zu beschleunigen, verstärkes Augenmerk auf Energieeffizienz richten, Entwicklung und Optimierung von Fördermodellen,… große Zielsetzungen. Aber was ist bis jetzt geschehen? Warum wächst der Widerstand überall gegen Windenergieanlagen, gegen neue Stromnetzplanungen?

Die angestrebte „Gesellschaftliche Akzeptanz einer veränderten Energiepolitik in Hessen“ – Themenbereich der AG 4, sollten wir näher beleuchten.

  • AG 4: Einbindung der Akteure – Ergänzend zu den laufenden Maßnahmen zur Akzeptanzförderung für den Ausbau erneuerbarer Energien werden Beteiligungsmodelle weiter optimiert. Dazu sind Planer und Investoren ebenso einzubinden wie Bürger und Verwaltungen. Es wird untersucht wie die Einbindung aller Akteure standardisiert werden kann, um die Akzeptanz nicht nur für einzelne Anlagen, sondern den gesamten Prozess der Umstellung der Energieversorgung zu steigern.

Im abschließenden Bericht dieser Arbeitsgruppe sind Sätze zu lesen wie:

Die Arbeitsgruppe IV des Hessischen Energiegipfels hält die beschleunigte Energiewende und den damit verbundenen beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie für notwendig und geht davon aus, dass dies auch dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung entspricht…

Wir sagen: Durch das Reaktorunglück in Japan wurde vielen Menschen erst bewusst, wie wichtig es ist, endlich aus der Atomenergie auszusteigen. Doch die Angst vor weiteren Katastrophen währte nicht lange. Heute werden in unmittelbarer Nachbarschaft zu Deutschland neue Atomkraftwerke gebaut, die alten Reaktoren nicht abgeschaltet, sondern saniert. Jede produzierte Kilowattstunde muss (soll) weiterhin ins Netz, man wittert ein lukratives Stromhandel-Geschäft.

Im Umsetzungsprozess auf dem Weg zu einer Energiewende wollen wir möglichst wenige Eingriffe in die Umwelt zulassen, die Energieeffizienz steigern, möglichst keine Importe von Atomstrom aus dem Ausland,…

Wir sagen: Wenige Eingriffe in die Natur kann nicht bedeuten, dass manche Regionen zugepflastert werden mit Windparks und Megastromtrassen in parallelen Mastenreihen. Einmal Trassenkorridor – immer Trassenkorridor. Ohne Rücksicht auf die Landbevölkerung wird das Ziel 2% der Landesfläche für Windkraft zu nutzen angestrebt, da werden Regionen wie der bevölkerungsarme Kiebitzgrund zum begehrten Ziel der Begierde – drei Windvorrangflächen, das ist hier die Devise, aus 2% werden dann schnell 14% des Gemeindegebietes. Keine Importe von Atomstrom? Auch nicht durch die „Hintertüre SuedLink“? Solange die EU den Bau von Atomkraftwerken fördert – auch mit deutschen Mitteln – klingt diese Aussage wie Hohn. Die Übertragungsleistung von SuedLink ist so hoch ausgelegt, dass Windstrom alleine nicht ausreichen würde – also, welchen Strom hätten Sie gerne? Im Angebot: Atom- und Kohlestrom!

Das Energiesystem ist so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig auszugestalten…

Wir sagen: Durch das Abschalten der Atomkraftwerke wird ein großer Teil an Netzkapazitäten frei, diese Leitungen könnten verstärkt werden bevor man an einen gigantischen Neubau von Stromnetzen denkt, der Deutschland zum Transitland für den europäischen Stromhandel macht. Für die Versorgungssicherheit in Deutschland braucht man diese SuedLink-Trasse nicht! Windstrom im Norden, kann die energieintensiven Regionen im Norden versorgen. Gaskraftwerke in Bayern können, zusätzlich auch in einer erweiterten  Kooperation mit Österreichischen Wasserkraftwerken, den Süden versorgen. Zu „kurz“ gedacht? Vielleicht nur regional?

Wir vertrauen auf den technologischen Fortschritt, der uns auf diesem Weg begleiten wird. Technische Innovationen sind oft schneller als strukturelle Entscheidungen.

Wir sagen: Technologische Fortschritte können nur erzielt werden, wenn Forschung und Entwicklung bestmöglich unterstützt und gefördert werden. Unternehmen brauchen Planungssicherheit, damit Innovationen auch wirtschaftlich eine Chance bekommen und so zu einem erfolgreichen Zukunftsmodell werden können. Und ja, strukturelle Entscheidungen sollte man nicht treffen, wenn sie rückwärts gerichtet sind – wie der Bau von Freileitungsmasten.

Wir gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren verstärkte Anstrengungen im Bereich der Energieforschung geben wird, die leistungsfähigere Anlagen (Re-Powering) und Speicherkapazitäten hervorbringen werden…

Wir sagen: Energieforschung braucht die vollste Unterstützung von Politik und Wirtschaft, nur dann werden sich die nötigen Erfolge zeitnah einstellen. Die Voraussetzungen sind schon durch ein voll funktionsfähiges Gasnetz in Deutschland gegeben, eine Energie-Speichermöglichkeit ungeahnten Ausmaßes. auch für „Windgas“.

Die Lücken, die der Ausstieg aus der Kernenergie hinterlässt, müssen auch durch konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke modernster Technologie ausgeglichen werden. Das gebietet die Vernunft und unsere Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Hessen…

Wir sagen: Kohlekraftwerke sind kein Zukunftsmodell mehr, denn der Bau neuer Kraftwerke wird neue Technologien verzögern bzw. verhindern. Die Kohlelobby hat viel Einfluss, doch  Klimaschutz darf nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Der Handel mit CO2 Zertifikaten verfälscht das Bild zusätzlich und zeigt auf, welch geringen Stellenwert in anderen Ländern/Staaten eine Energiewende ala Deutschland hat.

Unmittelbare Betroffenheit der Menschen und vorherrschende gesundheitliche Ängste sowie die sichtbaren Eingriffe ins Landschaftsbild können Widerstände und unter Umständen auch zeitliche Verzögerungen hervorrufen…

Wir sagen: Es hat niemand das Recht auf uns Bürger zu zeigen und uns als Verhinderer der Energiewende hinzustellen, nur weil wir gegen diesen Stromnetzausbau massive Bedenken vorbringen. Solange die Diskussion über SuedLink weder ehrlich, transparent und nachvollziehbar geführt wird, schützen wir unsere Familien indem wir im Widerstand nicht nachlassen. Wer das nicht verstehen will, schaue sich die ZDF Reportage  – Die Strombauer, vom 22.03.2015  an und stelle sich vor, die für SuedLink geplanten Masten sind noch mindestens 20 m höher und stehen in unmittelbarer Nähe unserer Häuser, umzingeln ganze Dörfer, durchqueren Wald und Felder. Beängstigende Bauwerke und nicht auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft. Persönliche Betroffenheit? Ja, natürlich.

In der abschließenden Erklärung der hessischen Landesregierung zum Energiegipfel und den weiterführenden Sitzungen, steht im Mittelpunkt die Aussage:

Die Energiewende muss für alle hessischen Bürger und Unternehmen sicher, sauber bezahlbar und gesellschaftlich akzeptiert umgesetzt werden.

Wir sagen: Politik soll nicht verharmlosen, reden und versprechen. Politik soll zuhören, abwägen, sich der Verantwortung bewusst werden und: Gesetze ändern! Das fördert gesellschaftliche Akzeptanz!

Ein zweiter Energiegipfel in Hessen? Wir Bürgerinitiativen sind dabei!

Ergebnis BI Konvent? Weiter so!

Es war ein Erfolg, darüber waren sich alle Beteiligten einig. Der Konvent der Bürgerinitiativen in Fulda war die erste Veranstaltung dieser Art im Osthessischen Raum. Die anwesenden Vertreter aller Fachbereiche von Politik, Verwaltung über Wirtschaft und Wissenschaft stellten sich den Fragen des Publikums und die knapp 300 Teilnehmer nahmen die Möglichkeit zur Information auch gerne wahr. Das Thema SuedLink erhält immer mehr an Dynamik und für die Arbeit der Bürgerinitiativen gab es auch Anerkennung von Seiten der TU Ilmenau, die zurzeit eine wissenschaftliche Studie zum Thema durchführt. Dipl.-Medienwiss. Marco Bräuer war selbst am Konvent in Fulda anwesend und sah sich durch die aus dieser Veranstaltung gewonnenen Eindrücke veranlasst die Frist zur Umfrage zu verlängern.

…als aktive Mitglieder und Mitstreiter in Bürgerinitiativen tragen Sie dazu bei, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Themenfeld Ausbau der Stromtrassen (Netzausbau) von der Öffentlichkeit und von den politisch Verantwortlichen wahrgenommen werden. Über Ihre Meinungen und Einschätzungen möchten wir, eine Forschergruppe der Technischen Universität Ilmenau, im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie mehr erfahren, denn die Bürgerbeteiligung ist für die Demokratie von großer Bedeutung.

Fazit Politik:

Dem OB Wahlkampf in Fulda geschuldet, waren auch alle politischen Fraktionen stark präsent, allerdings hätte man sich gewünscht, etwas länger die Gelegenheit zum Gespräch zu finden. Was auch Bernd Herbold vom Hessischen Landesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink in seinem kämpferischen Grußwort deutlich zum Ausdruck brachte. Viel Zeit nahm sich jedoch Herr Vogel, Bürgermeister von Motten und Vorsitzender des Vereins „RhönLink e.V.“, sein Engagement gegen SuedLink ist beispielhaft und so setzte er in seiner engagierten Rede ein deutliches Zeichen zur bayerischen Position im geplanten Stromnetzausbau. Am Energiedialog in Bayern war er aktiv beteiligt und seine Aussage zum weiterhin nicht festgestellten Bedarf der Stromtrasse SuedLink sollte ein Signal für unsere Bürgerinitiativenarbeit sein: Wenn das OB nicht geklärt ist, brauchen wir über das WO und WIE nicht zu sprechen. Recht hat der Mann!

Während sich Bundes- und Landtagsabgeordente von CDU, SPD und FDP teilweise in altbewährter Manier gegenseitig die Verantwortung für die ungeklärte und verwirrende Haltung zum Thema Mindestabstand gaben, war Frau Schott von der Partei DIE LINKE klar positioniert. SuedLink behindert die Energiewende und unterstützt die fossilen Kohletechniken. Mit dem Ausbau der Starkstromnetzte würde die  Anbindung von Braun- und Steinkohlekraftwerken an das europäische Energiesystem weiter gestärkt. Frau Schott sieht dies als einen Schritt in die falsche Richtung und fordert den Aus- und Aufbau dezentraler Energieerzeugung, mit Förderung von Forschung und Entwicklung von Speichertechnologien und Kraft-Wärme-Kopplung.

Fazit Wirtschaft:

Die Thematik Erdverkabelung wurde durch die Firma  ABB und das Planungsbüro Infranetz abgedeckt. Möglichkeiten und Chancen  dieser Alternative zum Freileitungsbau sind dort interessant, wo man im Zuge von Netzverstärkung bestehende Stromtrassen  unter die Erde bringen könnte. ABB machte gleichzeitig deutlich, dass man bei SuedLink nicht von einer Vollverkabelung ausgehe und diese Möglichkeit auch nicht beleuchte. Ein Rückschlag für alle Erdkabel-Fans, aber ein Grund mehr den SuedLink weiterhin in Frage zu stellen. Unterschiedliche Standpunkte zwischen Herrn Rennert von Infranetz und der Bundesnetzagentur sorgten für Unmutsäußerungen aus dem Publikum, denn der Versuch eines Vertreters der BNetzA Wechselstrom- bzw. Gleichstromübertragung miteinander zu verknüpfen und dadurch gezielte Fehlinformationen zu streuen, scheiterte bereits im Ansatz. Das ist engagierte Bürgerbeteiligung und alle Entscheidungsträger sollten sich darüber im Klaren sein, dass man den Bürgerinitiativen nichts mehr vormachen kann.
Infranetz :  
Infranetz Systembeschreibung vom 09.08.15 (auf Wunsch der Fa. Infranetz wurde der ursprüngliche Vortrag durch aktuelle Daten ersetzt)
ABB: 2015-03-14 Erdverkabelung im Bereich HGÜ-Leitungen

Fazit Verwaltung:

Dr. Serong, Fachbereichsleiter bei der Bundesnetzagentur für SuedLink, war in seinem Vortrag bemüht, den Bedarf für die Trasse als gegeben festzustellen, allerdings konnte er sich nur darauf berufen, dass die Politik in der Verantwortung stehe und nicht die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde. Gleichzeitig beteuerte er aber, dass sich die BNetzA verantwortungsbewusst mit den Hinweisen und Eingaben von Seiten der Bevölkerung und der Träger öffentlicher Belange auseinandersetzen werde und eine sorgfältige Prüfung aller Einsprüche garantiere. Herr Dr. Serong und seine Mitarbeiter waren im anschließenden Workshop gefragte Ansprechpartner und so hatten viele interessierte Bürger die Möglichkeit zum persönlichen Gespräch.
Dr. Jochen Patt:   2015-03-14 Bedarf und Notwendingkeit von Suedlink
Dr. Sven Serong:   2015-03-14 Stand der Bundesfachplanung

Fazit Wissenschaft:

Über die negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer HGÜ-Trasse konnte Prof. Dr. Martin die interessierten Bürger/innen informieren und gleichzeitig davor warnen. Vielen von uns bleibt es nach diesem Vortrag rätselhaft, wie man bei der Planung neuer Höchststromtrassen so nachlässig mit der Gesundheit von Menschen umgehen kann. Besorgnis erregend auch das Statement, sobald man erkenne, dass Grenzwerte bei bestimmten Projekten nicht eingehalten werden können, werden sie teilweise einfach höher angesetzt. 400 m Mindestabstand  zur Bebauung empfiehlt  Prof. Dr. Martin in jedem Fall bei Freileitungen, also auch im Außenbereich für Einzelbebauung. Dies sollte vor allem für die Entscheidungsträger bei SuedLink ein weiterer Grund sein, die gesundheitlichen Bedenken ernst zu nehmen.
Prof. Hans Martin: 2015-03-14 gesundheitliche Gefährdungen von elektr. und magn. Feldern

 

Fazit Bürgerbeteiligung:

Diejenigen, die am Samstag den Weg in die Orangerie gefunden hatten, konnten sich von aktiver Bürgerinitiativenarbeit überzeugen und die seltene Gelegenheit wahrnehmen, direkt vor Ort mit Bundesnetzagentur und Politik über die Missstände in der bisherigen Informationspolitik der Fa. TenneT zu diskutieren und den eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Es ist noch ein weiter Weg, bis alle Fachbereiche den optimalen Lösungsansatz für eine bürgerfreundliche Energiewende finden, aber der Konvent in Fulda hat gezeigt, dass auch wir als betroffene Bürger/innen  eine Stimme haben können, wenn wir bereit sind, unsere Verantwortung konstruktiv wahrzunehmen.

Der BI Fuldatal und der Stadt Fulda bleibt für die Organisation der Veranstaltung zu danken und für die Bürgerinitiativen wünschen wir uns in Zukunft noch mehr engagierte Mitarbeiter/innen.

 

Beitragsaktualisierung: 09.08.2015

Bürgerinitiativen-Konvent

Vielen Betroffenen oder aktiv am Widerstand gegen SuedLink Beteiligten ist Herr Guntram Ziepel bereits bestens bekannt. Seit Januar dieses Jahres ist er der Vorsitzende des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen gegen SuedLink und reist durch das ganze Land, um den Menschen die Problematik der HGÜ-Stromleitung SuedLink näherzubringen und über die Gefahren dieser geplanten Gleichstrom-Trasse aufzuklären. Wer einmal einen Vortrag von Herrn Ziepel besucht hat weiß, zuhören kann auch anstrengend sein, doch am Ende hat es sich gelohnt. Dem Ingenieur der Elektrotechnik ist es ein Anliegen „den Menschen den Strom zu erklären“, wie er es selbst gerne bezeichnet.

Bald merkt man, den Widerstand gegen die SuedLink-Trasse empfindet er als Pflicht. Sein Terminkalender ist voll und er wird nicht müde, allen Menschen entlang der Trasse mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. In Presse, Rundfunk und Fernsehen ist er genauso präsent, wie bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen von Bürgerinitiativen. Und Übertragungsnetzbetreiber TenneT weiß inzwischen, wo dieser Mann auftaucht, haben die gewohnten Kommunikationstaktiken keine Chance.

Fragt man Herrn Ziepel nach seinen Zielen und Vorstellungen, wie denn seiner Ansicht nach Energiewende gelingen könnte – dann verweist er im Moment auf den Konvent der Bürgerinitiativen gegen SuedLink, der am Samstag, den 14.März in Fulda stattfinden wird. (10.00 Uhr – 18.00 Uhr Hotel Maritim / Orangerie)

Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung werden aus der Sichtweise des jeweiligen Ressorts in Impulsvorträgen den Stromnetzausbau und die Energiewende in Deutschland beleuchten und sich den Fragen der Bürger und Bürgerinnen zum Thema SuedLink stellen.

Nur wenn alle betroffenen Fachbereiche zusammenarbeiten und ein gemeinsames Konzept entwickeln, kann Energiewende gelingen. Davon ist Guntram Ziepel überzeugt und hat daher diesen Bürgerinitiativen-Konvent in Fulda initiiert und gemeinsam mit der BI Fuldatal organisiert.

Wer sich die Zeit nimmt und diese Veranstaltung besucht, wird bestimmt mit vielen neuen Eindrücken und Informationen nach Hause gehen. Vielleicht auch mit der Erfahrung, dass man in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten mehr erreichen kann. Die SuedLink-Trasse zu verhindern ist das vorrangige Ziel, dazu braucht es die Unterstützung aller.

 

Europa droht

Noch nie gab es so viele Statements zur Megastromtrasse SuedLink wie in den letzten Tagen. Jeder äußert seine Meinung, fachlich fundiert oder emotional begründet, man will mitreden. Unser Ziel, die Menschen aufzuklären und zu informieren – man erinnere sich an die Anfänge unserer Bürgerinitiative – haben wir somit erreicht. Jetzt kann die Diskussion auf Augenhöhe geführt werden, denn jetzt wissen die Menschen, worum es geht.

Möchte man eigentlich meinen. Doch seit das Thema SuedLink und der geplante Netzausbau mehr Beachtung finden, lehnen sich viele schon zurück und denken das Ziel, diesen überdimensionierten Stromleitungsbau zu verhindern, sei bald erreicht. Doch betrachtet man die Entwicklung auf politischer Ebene stellt man fest – der Kampf hat gerade erst begonnen.

Europa schaltet sich jetzt öffentlich ein. Brüssel drängt auf Entscheidung und droht Deutschland. Miguel Arias Cañete, seit 2014 EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie:

 „Die deutschen Stromautobahnen wurden von der EU-Kommission als europäisches Projekt von gemeinsamem Interesse eingestuft“, sagt er. „Obwohl es sich um innerdeutsche Leitungen handelt, haben sie einen direkten Einfluss auf andere EU-Länder.“ Ihr rascher Bau sei „wichtig für den Aus- und Aufbau eines europaweiten Stromnetzes“ und damit auch „für die Umsetzung des EU-Energiebinnenmarktes mitsamt der Integration von erneuerbaren Energien“, sagt der EU-Kommissar. (Quelle: Spiegel)

In diesem Zusammenhang versteht sich auch die „Strombrücke“ nach Norwegen. Nicht ohne Grund wird diese Verbindung NordLink genannt – sozusagen der Bruder der geplanten Stromautobahn SuedLink. Das Gleichstrom-Seekabel mit einer Länge von über 600 km und einem Investitionsvolumen von ca. 2 Mrd. Euro soll zukünftig die Leistung eines Atomkraftwerkes ersetzen und den Stromhandel erleichtern. Bundeswirtschaftsminister Gabriel sieht darin ein wichtiges Signal für den Europäischen Strommarkt – und natürlich auch einen Schritt zu mehr Versorgungssicherheit in Deutschland. Endpunkt von NordLink ist der Anfangspunkt von SuedLink: Wilster. Jetzt wurde der Vertrag zum Bau von NordLink unterzeichnet, TenneT und die deutsche Staatsbank KfW halten jeweils 25%.

Dieser Satz unseres Bundeswirtschaftsministers sollte uns endgültig die Augen öffnen. Zwar wurde er im Zusammenhang mit TTIP und CETA geäußert, doch spiegelt er die Meinung des Ministers von seinen Wählern (von uns) wider:

„Vielleicht ist die Debatte in Deutschland manchmal so schwierig, weil wir ein Land sind, das reich und hysterisch ist.“

Ja, Deutschland ist ein reiches Land – aber diesen Reichtum haben wir uns hart erarbeitet. Wenn nun einige Machtmenschen und Profilneurotiker diesen Reichtum in oft verantwortungsloser Weise aufs Spiel setzen, Entscheidungen treffen, die mit „zum Wohle der Allgemeinheit“ rein gar nichts zu tun haben, dann haben wir jedes Recht uns dagegen zu wehren.

Dies als Hysterie zu bezeichnen lässt erkennen, dass hier Minister Gabriel die Realität aus den Augen verloren hat. Die Welt wächst zusammen, das ist richtig. Die Grenzen verschwinden zunehmend auch das ist im Prinzip wünschenswert. Doch hinter jeder Chance verbirgt sich auch ein Risiko. Denn viele Staaten, nicht nur unsere europäischen Nachbarn, haben teilweise ganz andere energiepolitische Ziele.

Es gibt bald 500 Atomkraftwerke weltweit

Einige Beispiele: Russland baut neue Atomkraftwerke in Ungarn. In der Türkei sollen vier Reaktoren auf erdbebengefährdetem Gebiet errichtet werden. Die Rückkehr zur Atompolitik soll Japan einen Wachstumsimpuls verleihen, man spricht von umweltfreundlicher Energiegewinnung im Sinne des Klimaschutzes. Welch ein  Hohn für die Menschen, die seit Jahren unter Verstrahlung leiden, für immer aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Ein Menschenleben zählt NICHTS.

Atomkraft-Gegner rund um den Globus sind dagegen entsetzt, dass ausgerechnet im Land des Fukushima-Gaus nun die Atomkraft zum großen Comeback ansetzt. Doch in Wahrheit folgt Japan nur einem verblüffenden globalen Trend. Keine vier Jahre nach der Katastrophe meldet die Internationale Atomenergiebehörde IAEA: Es gibt einen weltweiten Boom der Kernenergie. Nicht weniger als 72 neue Atomkraftwerke sind derzeit im Bau. Damit wird die magische Marke von 500 Kernkraftwerken bald überschritten. (Quelle:n-tv/politik)

Solange  weiterhin Atomkraftwerke gebaut werden, stellt sich auch irgendwann die Frage: Wohin mit dem Atommüll? Soll Deutschland auch dann seiner europäischen Verpflichtung nachkommen? Haben nur wir eine Lehre aus den Katastrophen der vergangenen Jahre gezogen? Erschreckend, wie unverantwortlich und teilweise zynisch mit diesem hochgefährlichen Thema umgegangen wird.

Daher erneut der Appell an alle Mitstreiter im SuedLink-Protest. Nicht müde werden, weiterhin anprangern und aufdecken, welche Machenschaften hinter dieser angestrebten Energiepolitik stecken. Klimaschutz steht nicht im Vordergrund, auch nicht Erneuerbare Energien. Es soll so viel Stromenergie wie nur irgendmöglich produziert werden. Dieses Handelsfeld und den daraus zu erwartenden Gewinn fest im Blick, kann man über menschliche Schicksale leicht hinwegsehen.

Gerade sind Wissenschaftler gestartet, um die Welt in einem Solarflugzeug zu umrunden. Es gibt sie noch, die Pioniere und Enthusiasten und dies sollte für uns ein Zeichen der Hoffnung sein. Umweltfreundliche Energien müssen auch künftig erforscht und weiter entwickelt werden. Noch ist es nicht zu spät unsere Welt auch für nachfolgende Generationen lebenswert zu gestalten. Jeder muss seinen Beitrag dazu leisten und in diesem Zusammenhang sind auch die Schilderungen von unserem Astronauten Alexander Gerst zu verstehen:

Aus der Ferne gesehen, ist unser Planet nur ein blauer Punkt, ein zerbrechliches Raumschiff für die Menschheit. Wir müssen das Universum verstehen, in dem wir leben, um unseren Heimatplaneten zu schützen. (Zitat: Alexander Gerst)

 

06.03. 2015 DEMO-TAG

Demotag in Fulda, zum dritten Mal konnten die Bürgerinitiativen ihre Mitglieder motivieren, gegen SuedLink auf die Straße zu gehen. Doch diesmal war es anders. Das mediale Interesse ist größer geworden und so freuen wir uns, dass der Widerstand gegen das Megaprojekt inzwischen im ganzen Land wahrgenommen wird.

HR Video – Demo durch die Straßen von Fulda

Ja, wir protestieren und werden auch in Zukunft nicht müde werden unsere ablehnende Haltung gegenüber der Energiepolitik der Bundesregierung kundzutun und bei jeder Gelegenheit zu thematisieren. Daher wird auch Sigmar Gabriel in den nächsten Tagen Post erhalten, viel Post! Wir hoffen, dass er die Postkartenaktion der Bürgerinitiativen als Zeichen versteht und endlich bereit ist, mit uns in den Dialog zu treten.

Wer das Land mit Trassen quält – wird von uns nicht mehr gewählt!

Wir demonstrieren heute hier – denn keinen SuedLink brauchen wir!

Wir fordern laut und mit Geschrei – Der Kiebitzgrund bleibt trassenfrei!

Wer Trassen baut im Fuldatal – verliert die nächste Landtagswahl!

Unser Dank gilt allen engagierten Bürgern und Bürgerinnen, die an der Demonstration teilgenommen haben. Sogar unsere Bürgerintiativenfreunde aus dem Sinngrund waren angereist, um uns zu unterstützen. Aus Kalbach, Götzenhof, Petersberg, Dirlos, Pilgerzell, Sinntal, Main-Spessart, dem Kiebitzgrund und noch vielen anderen Ortschaften waren die Menschen dem Aufruf zur bundesweiten Demo gefolgt und zogen lautstark gemeinsam mit der BI Fuldatal durch die Straßen von Fulda. Dank auch Herrn Oberbürgermeister Möller, der nach wie vor hinter seinem „Fulda“ steht, und immer zu einem Grußwort bereit ist. Die OB-Kandidaten Herr Wingenfeld und Herr Zwengel (lobenswert im BI-Shirt!) haben es sich ebenfalls nicht nehmen lassen, die Demonstration zu begleiten, herzlichen Dank.

Hier geht´s zu Bericht und Bildgalerie auf OsthessenNews : Hunderte Postkarten an Vizekanzler Gabriel

Nun, welches Resümee kann man letztendlich nach drei Demonstrationen in Fulda ziehen? Unser Ziel, Aufmerksamkeit zu erlangen und eine Plattform für unseren Protest zu finden, haben wir eindeutig erreicht.

Wir konnten aufdecken, dass es Ziel der deutschen und vor allem der europäischen Energiepolitik ist, ein Netzwerk an Stromtrassen zu installieren, das schnellstmöglich den Stromhandel über alle Grenzen hinweg ermöglicht. Jedes Land will davon profitieren, daher werden für alte Atomreaktoren Laufzeitverlängerungen beantragt, und neue Kohlekraftwerke  gebaut… Jeder versucht sich in diesem lukrativen Markt zu positionieren, egal mit welcher Form von Energie – Wie war das mit den Erneuerbaren Energien? Nun, die werden eben zusätzlich integriert.

Diese Zielsetzung findet eigentlich nur Akzeptanz bei den Menschen, die nicht direkt von den neuen Monstertrassen betroffen sind. Wer zwischen Häuserzeilen mit vereinzelten Grünflächen leben und jeden Tag mit Autoabgasen und -lärm zurecht kommen muss, der versteht unsere Aufregung nicht. Wer in Ballungszentren auf seinem täglichen Arbeitsweg entlang von Stromtrassen vielleicht stundenlang im Stau stehen muss, der sieht unsere Problematik nicht. Wer mit Fluglärm und Umweltverschmutzung schon groß geworden ist, weiß erst recht nicht, warum wir uns aufregen. Hier gilt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Denn am Ende werden die letzten Rückzugsorte in ein intakte Natur zerstört sein, die wirtschaftliche Situation von Fremdenverkehrsregionen im ländlichen  Bereich wird sich verschlechtern, Dörfer werden mit demographischem Wandel und Abwanderung noch stärker zu kämpfen haben und unsere heimische Tier- und Pflanzenwelt wird in ihrer Artenvielfalt wieder um ein Stück ärmer werden.

Bleibt noch der Blick auf die Politik. Inzwischen will keiner mehr offen die Verantwortung für den Bau der Stromtrasse übernehmen und es wird auf die Entscheidungskompetenz von Berlin verwiesen. Die einzige Instanz, die tatsächlich handeln könnte, ist das Bundeswirtschaftsministerium. Planungsstopp, Gesetzesänderung, Neuordnung und Neuentwicklung eines Energiewendekonzeptes. Wird unser Bundeswirtschaftsminister die Courage dazu besitzen? Als Verantwortlicher eines riesigen und äußerst wichtigen Ministeriums, wird er selbst die Energie aufbringen und die Wende einleiten?

Hier müssen wir wieder an unsere eigene Verantwortung erinnert werden. Wir können auf die Straße gehen und unser Anliegen lautstark in den Straßen von Fulda kundtun. Begleitet von einer äußerst netten und zuvorkommenden Polizeieskorte (Auch hier sei herzlicher Dank ausgesprochen!). Denn niemand braucht Repressalien zu befürchten, freie Meinungsäußerung gehört zu den Grundrechten unserer Demokratie. Jetzt liegt es an jedem einzelnen, diese Chance zu ergreifen und zu nutzen.

In diesem Sinne hoffen wir Bürgerinitiativen, dass bei der nächsten Aktion gegen SuedLink wieder mehr Menschen unseren Protest begleiten und zwei Stunden Freizeit opfern werden, damit das wichtige Signal an die Politik nicht an Kraft verliert:

Wir brauchen diese SuedLink-Trasse nicht, wir wollen diese SuedLink-Trasse nicht und wir haben starke Argumente, die unsere ablehnende Haltung rechtfertigen.