„Nicht schon wieder!“, mögen manche denken und Unmut macht sich breit. Wird jetzt die nächste große Infrastrukturmaßnahme – wie aus heiterem Himmel – durch den Kiebitzgrund und das Schlitzerland geplant? Nur wenige Tage nach Konsultationsende zum Umweltbericht 2023-2037/2045 wird der Trassenverlauf von SuedWestLink und NordWestLink durch die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW vorgestellt. Das wirft Fragen auf.
Warum diese schnelle Entscheidung für den Trassenverlauf?
Schon bei den Informationsveranstaltungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Präferenzraumermittlung wurde bekannt, dass die Übertragungsnetzbetreiber parallel bereits die Trassenplanung vorantreiben. Das Ergebnis stand also schon fest, bevor die Stellungnahmen abgegeben wurden. Während sich Mitarbeiter:innen in Kreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen um eine konstruktive Konsultation bemühten, wurde ihnen ein Mitspracherecht von Anfang an verweigert. Diese Form der Öffentlichkeitsbeteiligung ist eine Farce!
Wie können sich Kommunen gegen diese Planungen wehren?
Zitat von Theodor Heuss, dem 1. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland:
„Die Gemeinde ist wichtiger als der Staat und das Wichtigste in der Gemeinde sind die Bürger.“
Es ist an der Zeit, die Übertragungsnetzplanung insgesamt zu hinterfragen. Denn nach wie vor gibt es kein schlüssiges Konzept für die Energiewende. Alternativen, die nicht leitungsgebunden sind, werden nicht in die Planung miteinbezogen. Das bedeutet, es muss politischer Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden, denn den Kommunen wird zunehmend das Recht auf Selbstbestimmung genommen. Die Regionalentwicklung ist durch den gigantischen Flächenverbrauch gefährdet. Nicht nur die Höchstspannungsleitungen selbst, sondern auch die entsprechenden Lagerplätze für Stromkabel, Zuwegungen und Nebenanlagen nehmen viele Hektar Land in Anspruch. Stromautobahnen dienen dem Stromhandel und behindern die Energiewende vor Ort. Um den Strom aus regionalen Wind- und Solarparks vor unseren Haustüren ans Netz bringen zu können, brauchen wir Verteilernetze, keine HGÜ-Leitungen! Nur so kann die Versorgungssicherheit gewährleistet werden.
Warum schon wieder neue HGÜ-Leitungen?
Der aktuelle Entwurf zum Netzentwicklungsplan (NEP) weist eine Vielzahl an neuen HGÜ-Leitungen aus. Man begründet diese Gleichstromtrassen durch den geplanten Ausbau von Offshore-Anlagen. Für die Windenergienutzung auf See ist bis zum Jahr 2045 eine Leistung von 70 GW vorgesehen. Ein völlig unrealistisches Ausbauziel, das aber den Netzausbau wesentlich beeinflusst. Die installierte (!) Leistung auf See beträgt derzeit 8,4 GW.
Viele Faktoren bringen Offshore-Projekte bereits jetzt zum Scheitern: Lieferengpässe, Kostenexplosion, steigende Zinsen, Inflation. Dies muss auch die BNetzA in ihren Entscheidungen berücksichtigen. Obwohl schon heute für den Übertragungsnetzausbau Investitionskosten von 300 Milliarden Euro geplant sind, kann die Versorgungssicherheit für Deutschland nicht garantiert werden (Aussage der ÜNB). Eine sichere, preisgünstige und umweltfreundliche Energieversorgung – wie im EnWG gefordert – ist mit diesen Netzplanungen nicht möglich.
Viele geschützte und sensible Ökosysteme werden aus eigennützigen wirtschaftlichen Interessen der Energiekonzerne in ganz Deutschland überplant. Dem Umwelt- und Artenschutz wird keine Bedeutung mehr zugemessen. Aus diesem Grund hat auch der Bundesverband der Bürgerinititiven gegen SuedLink seinen Unmut in einer eine Stellungnahme zum Umweltbericht Ausdruck verliehen: 2024-01-27 Stellungnahme Umweltbericht_web
Kiebitzgrund und Schlitzerland werden überplant
Jetzt stehen Kiebitzgrund und Schlitzerland nach 10 Jahren wieder im Fokus der Stromnetzplanung. Wir haben viel zu verlieren. Die Gefahr der Überbündelung ist größer denn je.
- Das Bahnprojekt Fulda-Gerstungen wird ohne Raumordnungs-verfahren gleich in das Planfeststellungsverfahren übergehen.
Bahn – Praesentation_13_Sitzung_Beteiligungsforum_20231107
- Windpark Günterswald – Genehmigt durch das Regierungspräsidium in Kassel
https://osthessen-news.de/n11756202/rwe-entwickelt-windpark-im-guenterswald-versorgung-von-22-700-haushalten.html
- NordWestLink und SuedWestLink – 2 HGÜ Leitungen gebündelt – 2 x 2 GW / 2 x 525 kV
Projektinformationen unter: https://www.stromnetzdc.com/projekte/
Kartenübersicht im Web GIS : https://webgis.suedlink.com/extern/synserver?project=Hinweise_StromNetzDC
Infomarkt von TenneT und TransnetBW u.a. am 14.02.24 von 16.00 – 20.00 Uhr in der Kolpinghalle Hünfeld (Stadtsaal)
Es ist wichtig, sich zu informieren und zu engagieren. Die unkontrollierbare Beschleunigung bei Infrastrukturmaßnahmen geht immer zu Lasten des Umwelt- und Artenschutzes. Noch vor Genehmigung des Netzentwicklungsplans werden willkürlich Trassenkorridore geplant. Da, wo man bei SuedLink noch Raumwiderstände beachtete und eine Erdverkabelung in unserer Region nicht möglich schien, werden jetzt anscheinend problemlos alle Hindernisse durchquert. Die Überbündelung bei uns direkt vor der Haustür ist mit einem großen Verlust an Lebensqualität verbunden. Großbaustellen, Waldrodungen, es ist mit Lärm und vielen gravierenden Veränderungen zu rechnen.
Wollen wir uns gemeinsam gegen diese Stromnetzplanung stellen? Dann medelt euch per Mail an: kiebitzgrund@gmail.com