Bundesrechnungshof kritisiert BMWi – wir auch!

In den letzten Wochen war es in der öffentlichen Wahrnehmung rund um die Stromnetzplanung des Übertragungsnetzbetreibers TenneT ruhig geworden. Das Thema SuedLink erzeugt in den meisten Regionen nur noch schwachen Widerstand. Diejenigen, die noch direkt betroffen sind, wehren sich hauptsächlich mit Argumenten des Umweltschutzes, nur wenige hinterfragen noch den  Bedarf dieser HGÜ-Leitung. Obwohl auch der Kiebitzgrund von den aktuellen Erdkabelplanungen nicht mehr betroffen ist, bleibt unsere ablehnende Haltung gegen diese Stromautobahn weiter bestehen. Als Mitglied (auch im Vorstand) des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen gegen SuedLink, unterstützen wir nach wie vor all jene Bürgerinitiativen, die sich in den nächsten Wochen auf die Antragskonferenzen im Zuge der Bundesfachplanung vorbereiten müssen.

Umso bemerkenswerter (und erfreulicher) ist daher der aktuelle Bericht des Bundesrechnungshofes, der die Energiepolitik der Bundesregierung – und dabei vor allem die Arbeitsweise des zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) – äußerst scharf und präzise kritisiert. Mit diesem Bericht, der grundsätzlich den Fokus auf Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Bezahlbarkeit der Energiewende legt, werden all unsere Forderungen von höchst behördlicher Kontrollstelle bestätigt:

  • Es gibt keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende
  • Die organisatorische Umsetzung der Energiewende ist nicht nachvollziehbar, die verantwortlichen Ministerien arbeiten nicht koordiniert
  • Die Ziele der Energiewende sind nicht ausreichend definiert
  • Fördermittel werden weder effizient eingesetzt, noch erfolgt eine ausreichende Kontrolle über die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen.

Der Bundesrechnungshof bemängelt in seinem aktuellen Prüfbericht, dass das BMWi der Rolle als Gesamtkoordinator der Energiewende nicht gerecht wird, da ressortübergreifende aber auch interne Aufgaben des Ministeriums dabei nicht ausreichend aufeinander abgestimmt werden und auch die finanziellen Auswirkungen nicht erfasst sind. So werden Förderprogramme weder auf Effizienz noch auf Nutzen überprüft und die Kosten dadurch unnötig in die Höhe getrieben. Die unzureichende Zusammenarbeit mit den Ländern ist ein weiterer Kritikpunkt und stellt insgesamt ein hohes Risiko für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende dar, denn die Bezahlbarkeit ist ein wesentlicher Teil verantwortungsvoller Energiepolitik.

Die Energiewende ist unumkehrbar und daher wird es immer dringender, das Zielsystem zu optimieren. Ohne Projekt- und Prozessmanagement in der Verantwortung einer übergeordneten Institution wird dies nicht gelingen, das BMWi wird dieser Aufgabe nicht gerecht werden können.

Der SuedLink, in der geplanten Form einer HGÜ-Stromautobahn kann als überflüssig identifiziert werden, wenn man durch Optimierung und Verstärkung des Verteilnetzes eine verbrauchs- und erzeugungsgerechte  Energiepolitik vorantreiben würde.  Die drei Perspektiven Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Bezahlbarkeit sind allerdings nicht ausreichend, um das Zielsystem der Energiewende zur Gänze abzudecken.

Die Idee, eine Bundes-Energieagentur einzurichten, um eine bessere Koordinierung/Kontrolle/sinnvolle Weiterentwicklung von Förderprogrammen zu gewährleisten und gleichzeitig die Sektorenkopplung effizient umzusetzen, wurde durch den Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink bereits bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) ausführlich diskutiert und erläutert.

Lt. Monitoringbericht (2016) der BNetzA ist die Versorgungssicherheit in Deutschland nach wie vor gewährleistet. Mit einer durchschnittlichen Unterbrechungsdauer von 12,70 Minuten/Jahr betreiben wir eines der sichersten Stromnetze weltweit. Der Anteil an Strom aus Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch betrug im Jahr 2015 bereits 31,4 Prozent, das entspricht einer Nettostromerzeugung von 181,1 TWh.(Nettostromerzeugung insgesamt: 594,7 TWh). Der deutsche Stromexport nimmt weiter zu (68 TWh), während der Import auch in 2015 rückläufig (17 TWh) war.

Der inländische Stromverbrauch ist übrigens laut BNetzA trotz wachsender Wirtschaftsleistung leicht zurückgegangen.

Die Erneuerbaren Energien werden in der öffentlichen Debatte häufig als Ursache für steigende Redispatch-Kosten  benannt, ohne die Ursache dieser Kosten – im Jahr 2015 über 1 Mrd. € – differenziert aufzuzeigen. Diese Summe beziffert die Gesamtkosten für Maßnahmen des Engpassmanagements. Also alle Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber in den Netzbetrieb, die für eine stabile Stromversorgung notwendig sind.

Die Energiewende darf nicht als ursächlicher Kostentreiber für den Strompreis identifiziert werden und  den Bau von riesigen Stromautobahnen als Allheilmittel anzupreisen ist in gleicher Weise falsch. Wenn dann noch über die Kosten der geplanten Erdverkabelung bei HGÜ-Leitungen, inklusive Entschädigungszahlungen verhandelt und gestritten wird, verabschieden wir uns endgültig von einer realistischen Energiepolitik.

In unserer Zivilgesellschaft ist die gesicherte Versorgung mit Energie (Strom/Wärme/Mobilität) existenziell und sollte nicht unter den Gesichtspunkten Gewinnstreben, Macht und Einflussnahme betrachtet werden. Wir zahlen bereits heute einen hohen Preis für Fehlentscheidungen der Vergangenheit. Nur schlägt dies bei Steuern und versteckten Subventionen zu Buche und ist nicht direkt über den Strompreis sichtbar. Was kostet die Energieversorgung den Bürger/Steuerzahler? Hier müssen transparente Gegenrechnungen aufgestellt werden – Energiewende versus Folgekosten einer gescheiterten Energiepolitik auf Basis von Atom- und Kohlestromversorgung. Der Umwelt- und Klimaschutz gewinnt definitiv durch die Erneuerbaren Energien. Die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit  kann nur durch ein umfassendes Prozess- und Projektmanagement nachhaltig und bürgerfreundlich geregelt werden. EIne übergeordnete Bundes-Energieagentur könnte diese Aufgabe übernehmen.

Der Bericht des Bundesrechnungshofes kommt daher gerade zur richtigen Zeit. Die Energiewende darf nicht einer lobbygesteuerten (und letztendlich preistreibenden) Energiepolitik zum Opfer fallen. Das Profitstreben einzelner Akteure muss der gesellschaftlichen Verantwortung untergeordnet werden. Eine bezahlbare und gesicherte Energieversorgung sollte als Grundrecht jedes Einzelnen betrachtet werden, genauso wie der Zugang zu sauberem Wasser. Dafür muss Politik, vor allem das verantwortliche Wirtschaftsministerium, sorgen und Rechenschaft ablegen, denn dies ist der Auftrag des Souveräns – und das wind wir, die Wähler.