Beitragsbild: Quelle Tennet TSO GmbH
Viele Bürgerinitiativen gegen SuedLink wurden Ende Juli von Übertragungsnetzbetreiber TennneT angeschrieben. Leichte Verwirrung machte sich breit, denn man lernt im Laufe der Zeit (des Widerstandes gegen HGÜ-Trassen) zwischen den Zeilen zu lesen – oder zumindest zu suchen. Da wir zurzeit auf die angekündigten Gesetzesänderungen warten, waren wir doch etwas überrascht, warum sich die Fa. TenneT wieder einmal so weit aus dem Fenster lehnt:
- Notwendigkeit von SuedLink bestätigt
- Koalition befürwortet Stammstrecke für beide Vorhaben
- Allgemeiner Vorrang Erdkabel bei SuedLink
Es hat sich nichts geändert. Seit wir Bürgerinitiativen versuchen diese Monstertrassen zu verhindern, wird uns Gesprächsbereitschaft vorgegaukelt. Tarnen und täuschen, die bewährte Strategie im Trassenpoker. Für TenneT geht es um sehr viel Geld und die Feststellung, dass die Planung möglicher Trassenkorridore neu aufgesetzt werden muss bedeutet nur, man wird weiterhin versuchen die eigenen Interessen bei Politik und BNetzA durchzusetzen.
„Wir hatten uns deshalb bereits in der Vergangenheit erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Kabeloption bei SuedLink nicht nur auf die Verbindung Wilster-Grafenrheinfeld beschränkt ist. Die mit dem Erdkabel verbundenen Möglichkeiten möchten wir bei der weiteren Planung von SuedLink entschlossen ausschöpfen.“(TenneT TSO GmbH)
Märchernstunde ala TenneT – der Wolf hat Kreide gefressen.
Anfang Mai 2015 wurde für die Westküstenleitung im ersten Teilabschnitt der Planfeststellungsbeschluss erteilt. Die 380 kV Wechselstromtrasse zwischen Niebüll und Brunsbüttel (!!) wird vom Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) als „die Hauptschlagader der Energiewende in Schleswig-Holstein“ bezeichnet. Natürlich soll diese Ader dann – wir ahnen es bereits – an den SuedLink anknüpfen. Brunsbüttel ist Ausgangspunkt der SuedLinik-Verbindung nach Großgartach.
Der NordLink, Planfeststellungsbeschluss im Juli 2014, wird Norwegen mit Deutschland verbinden und soll die Integration des europäischen Strommarktes weiter vorantreiben. Die Konverterstation für diese Gleichstromübertragungstrasse wird in Wilster (!!) errichtet werden, dem Ausgangspunkt der SuedLink-Verbindung nach Grafenrheinfeld.
Durch das gezielte Fokusieren auf Erdverkabelung wird den Menschen absichtlich der Blick auf das Wesentliche genommen: Konversterstationen werden am Anfang und am Ende der Leitungen gebaut, ob es nun ober- oder unterirdische sind. Keine Gemeinde wird sich freiwillig als Standort ins Gespräch bringen. Aber: „Härtefälle wird es immer geben“ hatte Achim Zerres von der Bundesnetzagentur bereits im Bürgerdialog erklärt.
Übrigens, jede Konverterstation – zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom – benötigt eine Fläche von ca. 250.000 m². Die Stromrichterstationen erzeugen Geräusche, ähnlich denen eines Umspannwerks, allerdings ist die Geräuschbelastung in den Stromrichtertransformatoren stärker. Im Inneren der Anlage ist mit 80–95 dB(A), außerhalb mit 45 dB(A) zu rechnen. Dies ist bei der Wahl der Örtlichkeit für den Bau der Stationen von Bedeutung. (Quelle Wikipedia) Denn:
60 bis 80 dB(A): Gesundheitliche Beeinträchtigung bei Dauerbelastung. Bei nur vorübergehender Einwirkung liegen Geräusche unter 80 dB(A) im Bereich der menschlichen Anpassungsfähigkeit. Als gesundheitlich beeinträchtigend sieht die Lärmwirkungsforschung heute Dauerbelastungen oberhalb von 60 dB(A) an.
Unter 60dB(A): Belästigung. Bei Werten unter 60 dB(A) wird von Belästigungen und erheblichen Belästigungen gesprochen. Hier leiden das psychische und soziale Wohlbefinden sowie die Schlafqualität.
Ab 45 dB(A): Änderungen der Schlafstadien. Bei Pegeln über 45 dB(A) lassen sich Änderungen der Schlafstadien feststellen.
Ab 25 (A): Erholsamkeit des Schlafes verringert. Der Schlaf wird häufig bereits bei Dauerschallpegeln ab 25 dB(A) als gestört empfunden. (Quelle Umweltwissen)
Unaufhaltsam versucht man die Voraussetzungen zu schaffen, um für den SuedLink eine Rechtfertigung auch gegen den massiven Widerstand der Bürgerinitiativen zu finden. Die gesundheitliche Gefährdung für die betroffenen Menschen tritt immer weiter in den Hintergrund der Berichterstattung. Akzeptanz sollen die neuen Beschlüsse der Koalitionsspitzen zum Vorrang von Erdkabeln bei SuedLink schaffen. Doch Entscheidungen – verbindliche Zugeständnisse – soll es erst nach der Sommerpause geben, wenn die neuen Gesetzesentwürfe vorliegen. Die eigentliche Diskussion:„Brauchen wir den SuedLink für die Energiewende?“, wird vollständig verdrängt.
Die Option Vorrang für Erdverkabelung heißt nicht zwingend, dass diese in der Realität umgesetzt wird, Ausnahmefälle werden sich entlang der Trasse – ja welcher Trasse eigentlich? – häufen, man wird sich letztendlich wieder auf die wirtschaftliche Effizienz berufen und mit Bedauern feststellen, zum Wohle der Allgemeinheit habe man sich für mehr Freileitung als erwartet entscheiden müssen. Kosten, Verantwortung, Naturschutz, Daseinsvorsorge,… wir kennen unsere politischen Strategen.
Seit der Liberalisierung des Strommarktes hat sich viel verändert. Das Marktdesign war größtenteils auf bereits abgeschriebene Kraftwerke ausgerichtet, niemand sprach von Erneuerbaren Energien und Klimaschutz. Die großen Energiekonzerne konnten Milliardengewinne einfahren. Jetzt versucht man die Altlasten dem Staat aufzubürden und richtet sein Augenmerk auf den neuen, viel versprechenden Markt der Erneuerbaren Energien. Der Strommarkt ist im Umbruch und gerade jetzt müssen tragfähige Konzepte entwickelt werden. Gaskraftwerke gelten heute noch als unrentabel und werden nur zur Grundlastsicherung eingesetzt, sie könnten aber zum Grundstein für Speichertechnologie der Zukunft werden. Womit der SuedLink wieder überflüssig wäre.
Die Planungen zu den HGÜ-Leitungen gehen in die entscheidende Phase, kritische Stimmen zum Stromnetzeneubau werden immer lauter. Das Spiel David gegen Goliath geht weiter – und nach der politischen Sommerpause wird sich entscheiden, ob den großen Worten und Ankündigungen der Koalitionsspitzen auch große Taten folgen werden.