EEG – Totengräber der Energiewende?

Das Energiepolitische Klima in Deutschland verändert sich. Während am Pfingstwochenende noch tausende Aktivisten für den Ausstieg aus der Kohle in der Lausitz demonstrierten, wurden in Berlin die Weichen für die Novellierung des EEG (Erneuerbare- Energien-Gesetz) gestellt.

Geht es der Energiewende an den Kragen?

Viele befürchten  das Aus für die regional/dezentrale Bürgerenergiewende, denn die finanziellen Anreize für Investitionen in Erneuerbare Energien (EE) sind drastisch reduziert worden. Die Begründung aus dem Bundeswirtschaftsministerium, der Umstieg auf Ausschreibungsverfahren sei kostengünstiger und effizienter als  durch den Gesetzgeber festgelegte Einspeisevergütungen, stößt auf  heftige Kritik von Umweltorganisationen, Bürgergenossenschaften und  Wind- bzw. Solarparkbetreibern. Nach jahrelanger Vorreiterrolle sieht man sich künftig in Konkurrenz zu kapitalstarken Großinvestoren (wie z.B. RWE und E.ON), die nun – nach jahrzehntelangem Oportunismus – massiv in den Erneuerbaren-Energien-Markt  drängen.

Keine Förderung mehr für Erneuerbare Energien aber Subventionen für Kohle und Atom?

Bundeswirtschaftsminister Gabriel spricht über „Welpenschutz“, den es für EE nicht mehr geben darf und bezeichnet die Investoren  als ausgewachsene Jagdhunde. Er will der Lobbyarbeit einen Riegel vorschieben und setzt sich für eine drastische Novellierung des EEG ein. Begründung für die wichtigsten Änderungen:

  • Ausschreibungen bei EE sind effizienter und kostengünstiger  als staatliche Förderungen. Künftig soll der  Markt die Preise bilden.
  • Ausbau der Erneuerbaren Energien wird eingeschränkt und ist nur mit gleichzeitigem Ausbau der Verteil- und Übertragungsnetze möglich.

Wenn sich Minister Gabriel über Lobbyarbeit moniert, sollte man allerdings genauer hinschauen:

Eine Großindustrie, die über Jahrzehnte hinweg viel Geld mit Stromerzeugung aus konventionellen Kohle- und Atomkraftwerken verdient hat, steht vor dem Scherbenhaufen einer verfehlten Energiepolitik. Nach gravierenden Fehleinschätzungen im Management der Konzerne bzgl. der Entwicklung des Erneuerbaren-Energien-Marktes  versucht man nun  in zähen Verhandlungen (Lobbyarbeit!) eine Basis zu schaffen, um in diesem Zukunftsmarkt die Vorherrschaft zu erlangen. Und die Bundesregierung spielt mit.

Atomdeal und Abschaffung der Brennelementesteuer: Milliarden für die Atomindustrie

Nach wie vor ist ein Großteil der Bervölkerung davon überzeugt, dass Deutschland aus der Kernenerige aussteigen muss. Doch die mächtige Atomindustrie wehrt sich erfolgreich.  Mit 23,3 Milliarden Euro (Atomdeal) quasi aus der Haftung entlassen, werden nun die unabschätzbaren Folgekosten dieser Risikotechnologie auf die Allgemeinheit abgewälzt. Und die Bundesregierung hat noch ein weiteres Geschenk an die Atomindustrie zu vergeben. Obwohl der Europäische Gerichtshof  die bundesdeutsche Besteuerung von Brennelementen für rechtens erklärt hatte, soll diese Steuer bis Ende 2016 abgeschafft werden. Weitere fünf Milliarden für die Atomindustrie. Die Lobbyisten haben ganze Arbeit geleistet: Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert.

Die Energiekonzerne können sich nun auf die EE konzentrieren. Bürgerenergiewende war gestern, jetzt geht es wieder ums Geschäft der Großen. Ausschreibungsverfahren und teure Gutachten werden längerfristig Bürgerenergiegenossenschaften, investitionswillige Kommunen und kleine Stadtwerke aus dem Markt verdrängen. Das  Risiko ist für Kleinanleger zu hoch und so werden sich die bekannten Energie-Platzhirsche die besten EE-Standorte untereinander aufteilen. Die Ausbauziele für Erneuerbare Energien werden durch die neue Gesetzgebung drastisch eingeschränkt und die Energiewende damit ausgebremst. Der verzögerte Netzausbau sei angeblich an allem Schuld, aber letztendlich liegt es an der starren Festhaltung an alten Energiesystemen. Chancengleichheit und Anreize für den Bau von EE-Neuanlagen wird durch die Aufteilung in Enegie-Sektoren (wonach im Norden hauptsächlich der Ausbau von Windanlagen reduziert werden soll) ebenfalls zunichte gemacht. Aber auf das größte Unverständnis stößt die politische Ablehnung bei der schrittweisen Integration flexibler Lösungen, wie z.B. Power-to-Gas-Anlagen, die inzwischen die Marktreife gänzlich erreicht haben. Als Antwort auf einen volatilen Strommarkt könnten sie jederzeit zur Netzstabilisierung beitragen und somit auch Netzausbaukosten reduzieren.

Auch Kohlekraftwerke (KKW) werden weiterhin subventioniert und am Markt gehalten

Die vereinbarten Klimaziele von Paris werden nicht erreicht werden, wenn man weiterhin dem Druck der Kohlelobby folgt und anstelle von Speichertechnologien klimaschädliche Kohlekraftwerke als dauerhaft systemrelevant einstuft. Die Dynamik der Energiewende geht verloren. Klimapolitisch unverständlich ist der neue Kurs der Bundesregierung auch im Hinblick auf ursprüngliche Bestrebungen einen Klimaschutzbeitrag für Kohlekraftwerke einzuführen. Man hat sich dem Diktat der Konzerne und Gewerkschaften gebeugt und  einen „Kohlekompromiss“ abgeschlossen: 1,6 Milliarden Euro  für  alte Kraftwerksblöcke, damit sie in Reserveleistung am Netz gehalten werden. Die einstige Kampfansage von Bundeswirtschaftsminister Gabriel (Zitat: „So was wie Hartz 4 für Kraftwerke – nicht arbeiten aber Geld verdienen – das geht nicht.“)  ist verpufft, die Kohlelobby hat sich (wieder einmal) durchgesetzt. Die Energiekonzerne ziehen viele Kommunen mit in den Abgrund, denn vor Jahren getätigte Aktiengeschäfte erweisen sich inzwischen als Fass ohne Boden, Dividenden werden nicht mehr ausgezahlt. Doch während sich die Konzerne nun aufspalten, bleibt die Allgemeinheit auf den verlustbringeden Altlasten sitzen. Politisch wird dieses Geschäftsgebahren durch die Subventionierung noch belohnt aber gleichzeitig gehen dadurch viele Gelder, die man in eine weitere umfangreiche Förderung neuer Technologien und Marktmodelle stecken könnte, verloren. Für die Öffentlichkeit vertretbar wäre hingegen ein sozial- und umweltverträgliches Energiekonzept, das den schrittweisen Strukturwandel in Kohleregionen einleiten könnte.

Auch die Forderungen der EU-Nachbarstaaten (man erinnere sich, allein in Frankreich stehen 58 Atomkraftwerke) den Netzausbau in Deutschland verstärkt voranzutreiben, machen alle Anstrengungen für eine Marktintegration der neuen und klimaschonenden Speichertechnologien zunichte, obwohl diese  inzwischen in allen Sektoren – Strom, Wärme, Mobilität – problemlos einsetzbar wären. Die Politik verweigert sich beharrlich, die richtigen Weichen zu stellen. Kosten und Bezahlbarkeit von Strom werden gerne in der Argumentation angeführt, doch volkswirtschaftlich rechnet sich alleine eine Investition in die Zukunft.

Erneuerbare Energien – Basis für das künftige Strommarktdesign

Dies bedeutet, dass sich das künftige Strommarktdesign ausschließlich an den Erneuerbaren Energien orientieren muss. Es kann nicht sein, dass man einerseits das Klimaabkommen von Paris unterzeichnet und andererseits akzeptiert, dass sich der CO2 Ausstoß in Deutschland erhöht.

Zitat Umweltministerin Hendricks: „Der Geist von Paris lebt. Noch nie in der Geschichte der Vereinten Nationen hatte ein Abkommen so schnell so viele Unterzeichner. Das zeigt, dass die Welt verstanden hat, wie wichtig ambitionierter Klimaschutz ist. Jetzt kommt es darauf an, das Abkommen so schnell wie möglich mit Leben zu füllen. Darum arbeiten wir an einem Klimaschutzplan, der den Weg zu einem weitgehend treibhausgasneutralen Deutschland im Jahr 2050 zeigen wird. Seit Paris ist klar: Die ganze Welt macht sich auf diesen Weg. Ich will mithelfen, dass Deutschland dabei Vorreiter bleibt.“ (Quelle: solarify)

Nun, wollen wir hoffen, dass es sich hierbei nicht um politische Worthülsen gehandelt hat.