Etappensieg der Bürgerinitiativen

Viele Wochen und Monate kämpfen wir Bürgerinitiativen nun schon gegen die fehlerhafte und nicht nachvollziehbare Planung von Übertragungsnetzbetreiber TenneT im SuedLink-Verfahren. Die Ablehnung der Antragsunterlagen durch die Bundesnetzagentur verschafft uns zwar eine kleine Verschnaufpause,  bedeutet aber noch nicht das Aus für die Monstertrasse.

Dennoch ist es wieder einmal an der Zeit all jenen zu danken, die sich unermüdlich gegen diesen Trassenwahn stellen und mit viel Einsatz und Kreativität jeden Tag den Protest in die Öffentlichkeit tragen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist jetzt die erweiterte Zusammenarbeit mit den Medien. So viele Berichte zu SuedLink wie in den letzten Tagen hat es noch nie  gegeben, das Thema erreicht langsam die Mitte der Gesellschaft. Es ist erstaunlich, wie einfach es sich manche Politiker/innen bei ihrer Argumentation für die SuedLink-Trasse machen. Weit entfernt von Verständnis und Suche nach Lösungsansätzen für eine Energiewende, die den Namen auch verdienen würde, verbreiten sie weiterhin die beliebte – weil einfache – These von der gefährdeten Stromversorgung in Deutschland.

Die Fachkonferenz zum Einsatz von Erdkabeln bei HGÜ-Infrastrukturvorhaben in Kassel hat Einblick in die neuesten technischen Möglichkeiten geben können und erkennen lassen, dass SuedLink auch problemlos verkabelt werden könnte – aber bis zum heutigen Tag gibt es nicht das geringste Signal aus dem Wirtschaftsministerium, dass man bereit wäre, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und eine notwendige Gesetzesänderung dazu anstrebt. Und das obwohl an Beispielen gezeigt wurde, dass eine Erdverkabelung eine realistische Alternative zu Überlandleitungen sein könnte.

Apropos Kompromiss – der Energiedialog in Bayern hat eines klar zum Ausdruck gebracht: Neue Stromnetze braucht Deutschland in erster Linie für den Europäischen Stromhandel!

Es wurde sehr schnell klar beim Energiedialog: Die bestehenden Netze reichen aus, ein zusätzlicher HGÜ-Ausbau wird nur für den lukrativen europaweiten Stromhandel benötigt, aber nicht zur Versorgungssicherheit in Bayern. Zahlreiche Experten und Verbände teilen diese Ansicht, insbesondere die Professoren von Hirschhausen und Jarass sowie der Bund Naturschutz, der Landkreistag, Vertreter der Energiebündel, der Solar-und Windkraftwirtschaft sowie die Bürgerinitiativen der Trassengegner.
(Quelle: Stromautobahn.de)

Das gilt es immer wieder zu betonen und den Menschen zu verdeutlichen. Bayern hat verstanden, Hessen ist auf einem guten Weg dazu, der Norden versucht sich in Kompromissfindung durch Erdverkabelung, was wir als verfrüht und zurzeit unnötig empfinden. Vor allem dann, wenn man die Diskussionen in Bayern – das ja angeblich die Leitungen braucht – verfolgt. So kann Widerstand gelingen!

Noch ist immer nicht zweifelsfrei belegt, dass die Stromversorgung in Deutschland gefährdet ist, wenn wir die Stromautobahn SuedLink nicht bauen. Professor Dr. Lorenz Jarass (Hochschule RheinMain Wiesbaden) erklärt in vielen seiner Publikationen die Sinnlosigkeit eines überdimensionierten Netzausbaus und wirft u.a. auch die Frage auf, was denn eigentlich mit den frei werdenden Stromnetzen geschieht sobald die restlichen Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Wir haben ein funktionierendes Stromnetz von Nord nach Süd, warum nutzt man diese Kapazitäten nicht? Bayern will die HGÜ-Trassen nicht und denkt über den Neubau von Gaskraftwerken nach. Diese gelten zwar als teuer, aber ein umfassende Kostenanalyse wurde noch nie erstellt, es gibt keine vergleichenden Untersuchungen dazu. Kohlekraftwerke werden nach wie vor subventioniert und neue Stromtrassen vorrangig dazu gebraucht auch diesen Strom weiterhin ungebremst einspeisen zu können.

Eine Energiewende ohne Speichertechnologie wird nicht gelingen, Wissenschaft und Technik arbeiten auf Hochtouren und durchschlagende Erfolge  bei Power to Gas Anlagen zeichnen sich ab. Das Gasverteilernetz könnte zur „Batterie der Zukunft“ werden, wie es jüngst in  pv-magazine deutschland zu lesen war:

Die Thüga AG hat die ersten umfassenden Belastungstests ihrer Power-to-Gas-Pilotanlage in Frankfurt am Main mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen. „Unsere Strom-zu-Gas-Anlage hat die Erwartungen beim Wirkungsgrad übertroffen“, sagte Thüga-Vorstandssprecher Michael Riechel. Im relevanten Lastbereich zwischen 50 und circa 325 Kilowatt erreiche die Gesamtanlage – von der Stromentnahme bis zur Gaseinspeisung – bezogen auf den Brennwert einen Wirkungsgrad von bis zu 77 Prozent. Der hohe Wirkungsgrad werde auch dadurch erzielt, dass direkt in das Gasverteilnetz eingespeist und damit auf einen Verdichter verzichtet werde.

Doch die Politik drängt, der Druck aus dem europäischen Ausland verstärkt sich wie unter anderem den Aussagen des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Marus Sefcovic zu entnehmen ist:

„Wir müssen stärker darauf achten, dass wir die Energieversorgung auf eine wirtschaftlich solide Basis stellen.“ Das bedeute eine stärkere Rolle für die EU. „Ein europäischer Ansatz ist solider, besser, billiger und zuverlässiger als es nationale Ansätze jemals sein können, insbesondere um die erneuerbaren Energien zu integrieren.“

Der Konvent der Bürgerinitiativen gegen SuedLink (14.03.2015, in Fulda) wird diese Thematik aufgreifen und im Zusammenspiel der einzelnen Fachbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik versuchen  die Frage zu klären, ob die Energiewende auch ohne einen gigantischen Netz- bzw. Stromtrassenbau gelingen kann. Ist dezentrale Energieversorgung überhaupt gewünscht, oder sind wir den ehrgeizigen Zielen einer länderübergreifenden Energiepolitik ausgeliefert, die keine Rücksicht auf die betroffenen Menschen nimmt?

Viele als PCI (Project of common interest) gekennzeichnete Trassenprojekte – wie auch SuedLink –  liegen bereits weit hinter dem angestrebten Zeitplan. Das ist hauptsächlich dem Bürgerprotest geschuldet und zeigt, dass man nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden kann.

Bleibt nur zu unterstreichen:

  • Solange für Deutschland der Bedarf an dieser Trasse nicht zweifelsfrei festgestellt ist, im Sinne gesicherter Stromversorgung,
  • solange sich  das Bundeswirtschaftsministerium nicht auf die Menschen zubewegt, indem z.B. der Wille erkennbar wird, im Sinne einer erweiterten Erdverkabelung auch Gesetze zu ändern,
  • solange wir Stromverbraucher einen unnötigen Netzausbau finanzieren sollen, der zusätzlich unsere Natur, unsere Umwelt und letztendlich unsere Gesundheit zerstört,
  • solange Energie aus umweltschädlichen Kohlekraftwerken und maroden Kernkraftwerken aus den Nachbarstaaten eingespeist wird und damit ein reger Handel betrieben wird

solange werden wir nicht müde werden unseren Protest und unsere Ablehnung gegen diese Höchstspannungstrasse SuedLink in den letzten Winkel der Republik zu tragen!