Unternehmerverband will SuedLink!

Seit Monaten kämpfen wir um eine konstruktive Beteiligung am SuedLink-Entscheidungsprozess und recherchieren ausführlich und zukunftsorientiert zum Thema. Daher bedeutet die neueste Erklärung der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände einen Schlag ins Gesicht für jede Bürgerinitiative und die betroffene Bevölkerung. Was will man mit dieser ausdrücklichen Befürwortung der SuedLink-Trasse, noch dazu in Freileitungsbauweise bezwecken? Welche Motive liegen hinter dieser Positionierung?

Sich bei der Planung ausschließlich auf den Freileitungsbau zu beschränken, mit Teilverkabelung in minimalen Streckenabschnitten, kann hier nicht als wirtschaftliches Denken im Sinne des Allgemeinwohls betrachtet werden. Der Politik ist vorzuwerfen, dass sie inzwischen wirtschaftsgesteuert entscheidet und nicht mehr an den Bedürfnissen der Wähler und Wählerinnen orientiert ist. Fehleinschätzungen der Sachlage führen zu Vertrauensverlust, Ignoranz gegenüber der Bedenken zu Ablehnung. Finanziell wird der Netzausbau von der Öffentlichkeit getragen, energieintensive Unternehmen werden vorsorglich unterstützt, um den Industriestandort Deutschland nicht zu gefährden. Den Menschen wird „zum besseren Verständnis“ das Schreckgespenst Arbeitslosigkeit vorgehalten.

Alte Denkmuster – Windstrom von Nord nach Süd – haben schon lange keine Gültigkeit mehr, auch seit dem eindeutig feststeht, dass Bundesregierung und Bundesnetzagentur folgende Gewichtung vorantreiben: Stromproduktion dann Stromhandel und dann die Frage nach dem Stromverbrauch. Das bedeutet im Umkehrschluss, für die Versorgungssicherheit in Deutschland eignen sich auch andere Stromnetz-Ausbaumodelle als die SuedLink-Trasse. Deutschland ist nicht gefährdet, bei uns gehen die Lichter nicht aus! Daher unsere aktuelle Anfrage an die Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände mit der Bitte um Weiterleitung an Herrn Bartholomäus, den Vorsitzenden des Energieausschusses der VhU:

 

Sehr geehrter Herr Bartholomäus,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit Befremden haben wir die Presseerklärung der VhU zum Thema SuedLink gelesen und möchten diese nicht unkommentiert lassen.

Die Integration der Erneuerbaren Energien und der Ausstieg aus der Kernenergie werden als Dringlichkeitsgrund für den zügigen Netzausbau genannt.

Von Seiten der Politik wurde erkannt, dass die Energiewende nur mit den Menschen und nicht gegen sie gelingen kann. Zahlreiche Bürgerinitiativen entlang der SuedLink-Trasse, die Gemeinden und Landkreise, Politiker aller Parteien haben durch Ihre Fragen und Einwände erreicht, dass ÜNB TenneT den Antrag zu diesem Netzausbauprojekt überarbeiten muss. Von Seiten der BNetzA wurden bereits erhebliche Planungsmängel beanstandet. Für uns BürgerInnen gilt auch: Solange der Bedarf an dieser Trasse nicht zweifelsfrei und von unabhängiger Seite geklärt worden ist und es kein schlüssiges Gesamtkonzept für die Energiewende in Deutschland gibt, werden wir diese gigantische Infrastrukturmaßnahme ablehnen.Wir würden es begrüßen, wenn auch Sie einen Beitrag zum Bürgerdialog leisten würden und eine Stellungnahme zu folgenden Punkten abgeben:

  • SuedLink ist ein Pilotprojekt und es gab in Deutschland noch nie einen Freileitungsbau in dieser Größenordnung, können sie uns eine Garantie dafür geben, dass diese HGÜ-Leitungen gesundheitlich unbedenklich sind?
  • Wie setzen Sie sich dafür ein, dass zumindest ein rechtlich verbindlicher Mindestabstand zur Bebauung von 400 Metern gewährleistet wird, wenn Sie sich schon so deutlich für Freileitungen positionieren?
  • Wie schätzen Sie den Wertverlust unserer Häuser ein, der bei Trassenbau in unmittelbarer Nähe von Immobilienmaklern mit mindestens 20% angesetzt wird?
  • Wer einmal in der Lausitz war weiß, welche verheerenden Auswirkungen der Kohleabbau für die Menschen der Region hat. Auch SuedLink würde zu einem beachtlichen Teil – ca. 40%! – Kohlestrom transportieren, wie vereinbaren SIe dies mit der angestrebten Energiewende?
  • Die Energiewende wird ohne Speichertechnologie nicht funktionieren. Auf der Hannover Messe konnte man sich u.a. über die neuesten Fortschritte im Bereich Power-to-Gas informieren. Wieso wird in der Pressemitteilung der VhU diese zukunftsorientierte Technologie weder erwähnt noch bewertet?
  • Hochmoderne Gaskraftwerke müssen stillgelegt werden, da die Rahmenbedingungen für den Betrieb unwirtschaftlich sind, aber gleichzeitig sollen neue Kohlekraftwerke gebaut werden – wie würden Sie entscheiden?
  • Wenn man den länderübergreifenden Stromhandel, natürlich inklusive Atomstrom und Kohlestrom aus dem Ausland, als vorrangige Aufgabe des Strom-Übertragungsnetzes sieht und man Deutschland zum Transitland für dieses Geschäftsmodell degradieren möchte, dann erlauben SIe die Frage: Was hat dies mit Versorgungssicherheit, mit Ausbau dezentraler Energieversorgung und Energiewende zu tun?
  • Sollen Landschafts- und Naturschutz in Zukunft keine Rolle mehr spielen, damit man sich aus wirtschaftlichen Interessen frei an den Ressourcen unseres Landes bedienen kann?
  • Wie sehen Sie Ihre Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen? Sind der Wunsch nach Macht und Gewinnstreben die Maxime allen Handelns?
  • Die Kosten des Netzausbaus werden wir als Stromverbraucher zum größten Teil selber tragen müssen, haben wir da nicht auch das Recht auf Mitsprache?
  • Wenn man diese Milliarden in Forschung für menschen- und umweltfreundlichere Technologien investieren würde und dadurch die Akzeptanz in der Bevölkerung auch für einige Cent Mehrkosten beim Strompreis vorhanden wäre, warum Stahlungetüme quer durch Deutschland bauen?
  • SuedLink ist unseres Wissens nach nicht  EU-gefördert, nur als PCI ausgewiesen. Wer rechtfertigt die hohen Kosten für diesen überdimensionierten Netzausbau, der nicht für die Versorgungssicherheit Deutschlands benötigt wird, dezentrale und umweltfreundliche Energiemodelle behindert und eine ehrliche Energiewende zum Scheitern verurteilt?

Wir würden uns freuen, wenn Sie uns diese Fragen zum besseren Verständnis Ihrer Positionierung zu SuedLink beantworten würden. Natürlich sind die hessischen Bürgerinitiativen immer für ein offenes Gespräch und eine faire Diskussion zum Thema bereit.


So weit, so gut – wir sind gespannt, ob wir auch eine Antwort bekommen werden. Natürlich freuen wir uns genauso über Stellungnahmen einzelner Unternehmerverbände zum Tema SuedLink und eine entsprechende Erklärung, ob das Statement von Herrn Bartholomäus tatsächlich der Meinung der Mehrheit entspricht.