Öffentliche Anhörung der „Experten“

Beitragsbild: flickr.com / Jon Worth


Am 14. Oktober fand die mit Spannung erwartete Öffentliche Anhörung im Bundestag zum Entwurf eines Gesetzes (20.04.2015) zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus, sowie der Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung (20.07.2015) statt. Auch das Eckpunkte-Energiewende-Papier  von CDU, CSU und SPD (01.07.2015), die aktuelle Formulierungshilfe (25.09.015) und der Kabinettsbeschluss vom 07.10.2015 mussten berücksichtigt werden.

Vertreter der Bürgerinitiativen gegen SuedLink hatten an diesem Tag keine Möglichkeit selbst angehört zu werden, denn das politische Berlin will über den eigentlichen Bedarf der Trassen weiterhin nicht verhandeln. Fachlich fundierte, aber kritische Stimmen zum überdimensionierten Netzausbau hatte man bei dieser Anhörung umsonst erwartet. Tjark Bartels, Landrat LK Hameln-Pyrmont und Sprecher des Hamelner Kreises (Zielvorstellung: Akzeptanz der HGÜ-Trassen bei erweiterter Erdverkabelung), stellte Vorschläge zu den Gesetzesänderungen vor, die mit Hilfe der Anwaltskanzlei deWitt erarbeitet worden waren. Leider wurde auch in seinem Statement ausgeklammert, dass bisher niemand  die Notwendigkeit der HGÜ-Trassen unabhängig geprüft hat.

Die Stellungnahmen der ausgewählten Experten kann man inzwischen online abrufen. Auch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) kamen zu Wort. Zwar wurde die Akzeptanz der HGÜ-Leitungen durch die Bevölkerung als wichtiges Kriterium für einen reibungslosen Netzausbau erkannt und die Erweiterung der Erdverkabelung begrüßt, doch dann folgte ein dickes ABER:

TenneT, zuständiger ÜNB bei SuedLink, möchte die Planungs- und Genehmigungsverfahren künftig beschleunigen um  Zeitverzögerungen, wie z.B.  durch die erforderliche Trassen-Neuplanung bei SuedLink, zu kompensieren. Gefährliche Forderungen, die sich auch bei weiteren Netzausbauvorhaben auf die Mitentscheidung von Gemeinden und Kommmunen negativ auswirken könnten und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger an Genehmigungsverfahren massiv einschränken würden. Bedarfsfeststellung, Planung, Bau und Betrieb der Leitungen werden bereits von den Übertragungsnetzbetreibern in Monopolstellung kontrolliert, jetzt will man auch massiv auf die gesetzlichen Grundlagen Einfluss nehmen:

  • Verfahrensbeschleunigung durch verbindliche Fristen für einzelne Planungsschritte im Verfahren,  nach europäischen Vorgaben
  • Verfahrensbeschleunigung durch Verringerung der zu prüfenden Alternativen und Verkleinerung der Planungsellipse
  • Verfahrensbeschleunigung durch Regelverzicht auf Bundesfachplanungsverfahren bei Maßnahmen zur Netzverstärkung bzw. -optimierung.

Amprion, zuständiger ÜNB bei den HGÜ-Trassen  Süd-Ost und Süd-West, legt sein Augenmerk auf Systemsicherheit und sieht diese bei Ausfall einer leistungsstarken HGÜ-Verbindung stark gefährdet, da Reparaturen an Erdkabeln längere Zeit in Anspruch nehmen und dann das vorhandene Drehstromnetz in erheblichem Maße zusätzlich belastet würde. Die Forderung nach mehr Flexibilität beim Einsatz von Erdkabeln  bedeutet bei Amprion dementsprechend im Klartext:

  • Bündelung mit anderen relevanten linienhaften Infrastrukturen als Freileitungen
  • Freileitungen bei schwieriger Umsetzung der Kabellösung z.B. in Tälern, in Mittelgebirgen, bei Festgestein, aus naturschutzrechtlichen und -fachlichen Gründen
  • Freileitung allgemein in Fällen, in denen nicht mit erheblichen Belastungen der Wohnbevölkerung zu rechnen ist und die Freileitungsalternative gegenüber der Erdverkabelung die deutlich bessere darstellt (z.B. in landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich geprägten Bereichen; in der Nähe von Windparks wegen der nicht vorhandenen Zusatzbeeinträchtigung des Landschaftsbildes)

„Um Planungskonflikte sachgerecht und möglichst maßgeschneidert zu lösen, ist ein gut gefüllter Werkzeugkasten für Maßnahmen vor Ort sinnvoll.“ soweit die Meinung des ÜNB im O-Ton. Für die betroffene Bevölkerung könnte dies auch die Anschaffung einer Stahlsäge oder einer Schleifhexe bedeuten.

Es stellt sich die Frage, wer bei dieser Anhörung die Belange der Bürger/innen denn wirklich vertreten hat. Die Deutsche Umwelthilfe, unser „Spezialist für den Bürgerdialog“, nimmt u.a. wie folgt Stellung:

  • Bei der HGÜ-Erdverkabelung außerhalb eines Abstandes von 200/400 m von Siedlungsgebieten ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob eine Erdverkabelung wirklich die bessere Lösung ist.
  • Die Erdverkabelung sollte deshalb auf die Strecken begrenzt werden, wo im Vergleich zu einer Freileitung geringere Auswirkungen auf die Schutzgüter Mensch und Natur zu erwarten sind.

Die Mehrkosten für Erdverkabelung werden immer wieder in den Vordergrund gestellt und natürlich ist es das Hauptanliegen der WirtschaftsVereinigung Metalle den Strompreis niedrig zu halten. In ihrer Wortmeldung prangern sie u.a. die steigende EEG-Umlage als Risiko für die eigene internationale Wettbewerbsfähigkeit an. Als „Sachverständige“ haben sie bei dieser Anhörung das  Recht verstärkte Lobbyarbeit zu betreiben, aber den Bürgerinitiativen wird eine Wortmeldung in eigener Sache verweigert. Soviel zu Bürgerdialog und Akzeptanzförderung. Übrigens, nur für´s Protokoll: Energieintensive Unternehmen, allen voran die Metallindustrie, beziehen bereits rund 57% des privilegierten Stroms – macht z.B. für das Jahr 2014  in Summe ca. 61.140 GWh (Quelle BMWi und BAFA) 

Zum Abschluss noch eine kleine Zusatzlektüre zur EEG-Umlage unter : klimaretter.info