Bundesverband macht mobil

Der Protest gegen die HGÜ-Trasssen und vor allem gegen den Suedlink hat die Bürgerinitiativen viel Zeit, Kraft und Nerven gekostet. Nun, rückblickend kann man sagen, der Einsatz hat sich gelohnt. Durch die aufwendige Bundesverbandsarbeit ist „die Keimzelle“ unseres Widerstandes, nämlich diese Seite, ein wenig zu kurz geraten. Daher ein kurzer Rückblick auf den Monat Dezember:

KIEBITZGRUNDaktiv hat dem Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink zum Jahreswechsel ein „Geschenk“ gemacht und eine neue Internet-Präsenz aufgebaut. Hiermit wollten wir unsere Unterstützung für die Bundesverbandsarbeit ausdrücken und hoffen, dass sich noch viele Initiativen unserem gemeinsamen Protest gegen SuedLink anschließen. Der neue Look soll auch frischen Wind in die Verbandsarbeit bringen und es freut uns, dass die Resonanz auf die neue Bundesverbandsseite bisher ausschließlich positiv ist. Transparent und informativ, soll die Seite allen Interessierten die Bundesverbandsarbeit näher bringen: www.bundesverband-gegen-suedlink.de

Ebenfalls sehr umfangreich war unsere Stellungnahme zum NEP 2025, 1. Entwurf – wir haben sie rechtzeitig zum Ende der Abgabefrist eingereicht, nämlich genau am 12.12., für SuedLink-Gegner ein bekanntes Datum:

Stellungnahme der Bürgerinitiative KIEBITZGRUNDaktiv
NEP 2025, 1. Entwurf – vorrangig zur geplanten Gleichstromtrasse SuedLink

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben den heutigen Tag bewusst als Abgabetermin für unsere Stellungnahme zum NEP 2025 gewählt, da genau vor einem Jahr die Fa. TenneT TSO GmbH den Antrag auf Bundesfachplanung für die Gleichstromtrasse SuedLink gestellt hatte. Dieser wurde von der Bundesnetzagentur zu Recht wegen gravierender Mängel abgelehnt. In der Zwischenzeit haben sich die Rahmenbedingungen der Planung geändert, da nun ein Vorrang für Erdverkabelung zu berücksichtigen ist. Zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, dass die Bewertung der Stellungnahmen zum 1. Entwurf des NEP 2025 im Zuständigkeitsbereich der Übertragungsnetzbetreiber liegt.

Durch den wenig transparenten Bürgerdialog in der Vergangenheit ist seitens der Bevölkerung kein Vertrauen bezüglich der ordnungsgemäßen Bewertung der Stellungnahmen zu erwarten und auch die vollständige Weiterleitung der Konsultationsunterlagen an die BNetzA wird bezweifelt. Die ÜNB sind für Bedarfsfeststellung, Planung, Bau und Betrieb der Leitungen zuständig, nun wird ihnen auch noch die Auswertung der Bürgerstellungnahmen überlassen. Eine objektive und vorrangig der Daseinsvorsorge geschuldete Netzplanung wird hier offensichtlich den wirtschaftlichen Interessen der vier Monopolisten untergeordnet, mit Duldung durch die BNetzA.

Ebenso sind uns die eigentlichen Interessen der ÜBN bereits seit der öffentlichen Anhörung am 14.10.2015 in Berlin bekannt, Herr Hartman hat sich deutlich ausgedrückt: Zeitliche Verkürzung bei Planungsverfahren zum Netzausbau auf Kosten der Bürgerbeteiligung.

Der Öffentlichkeit werden Einsprüche gegen die HGÜ-Trassen erst im letzten Verfahrensschritt, der Planfeststellung ermöglicht. Nämlich dann, wenn alle Entscheidungen zu Trassenverlauf, Masten, Erdkabel, Mindestabstand etc. bereits gefallen sind und eine gerichtliche Auseinandersetzung mit den übermächtigen Interessensgruppen viele Bürger vor einer Klage abschrecken soll.

Auch wenn die Fa. TenneT TSO GmbH neuerdings immer wieder beteuert, sich von Anfang an für den Einsatz von Erdkabeln ausgesprochen zu haben, muss nun die Planung der Trassenverläufe neu aufgesetzt werden. Herr Strecker hatte bereits anlässlich einer Bürgerversammlung in Fulda (14.09.2015) eingeräumt, dass man ohne Gesetzesbeschluss nicht planen könne. Wenn es vor wenigen Wochen noch keine konkreten Vorstellungen für eine Neuplanung unter Einbeziehung der Erdverkabelung gegeben hat, ist eine seriöse Ausarbeitung relevanter Szenarien in der kurzen Zeitspanne nicht möglich. Daher ist das Konsultationsverfahren zum NEP 2025 zu früh eingeleitet worden und einer willkürlichen Verschwendung von Steuergeldern gleichzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist auch der Vorstoß der Großen Koalition als skandalös zu bewerten, durch einen kurzfristig eingereichten Änderungsantrag weitere Leitungsbauvorhaben in den Bundesbedarfsplan aufzunehmen und dabei wissentlich ordnungsgemäße Planungsverfahren zu ignorieren. Obwohl im Energiewirtschaftsgesetz verankert, wird eine mögliche Beteiligung der Öffentlichkeit somit ausgeschlossen und auch die notwendige strategische Umweltprüfung umgangen. Die Interessen der Bevölkerung werden erneut missachtet, der Bürgerdialog zur Farce degradiert.

Nachdem die Bürgerinitiativen durch ihren massiven Protest im vergangenen Jahr die Hintergründe des geplanten gigantischen Stromnetzausbaus aufgedeckt und angeprangert haben, wird inzwischen auch von politischer Seite eingestanden, dass man sich hauptsächlich am wachsenden europäischen Stromhandel orientieren will. Es wurde kein Szenario ohne HGÜ-Trassen erstellt, das sich an einer dezentraler Energieversorgung und der Ertüchtigung des Verteilnetzes bzw. umfangreichen Effizienzmaßnahmen orientiert und den Netzausbau vorrangig dem Strombedarf im Sinne der Daseinsvorsorge anpasst. Die Kosten für den gigantischen Übertragungsnetzausbau tragen Gemeinden, kleine und mittelständische Betriebe und die Stromkunden entlang der HGÜ-Trassen. Die Profiteure sind hingegen Übertragungsnetzbetreiber, Stromkonzerne und Großindustrie.

Mit unserer Stellungnahme zum NEP 2025 (1. Entwurf) bekräftigen wir erneut unsere bereits im Rahmen der Konsultation für den Netzentwicklungsplan 2024 eingereichten Einwände.

  • Trotz zwischenzeitlich beschlossener Erweiterung der Erdverkabelungsoptionen lehnen wir eine Streckenführung durch den Burghauner Ortsteil Schlotzau ab, da durch die gesetzlich festgeschriebenen Ausnahmeregelungen bei Erdverkabelung keine Garantie gegeben werden kann, dass SuedLink unterirdisch verlegt wird. Die wirtschaftliche Weiterentwicklung unseres Ortes ist durch die HGÜ-Trasse massiv gefährdet, das Wohnumfeld dauerhaft zerstört. Die Unterschriften von ca. 280 Bürgerinnen und Bürgern gegen die SuedLink-Trasse waren der Fa.TenneT bereits zu Beginn des „Bürgerdialoges“ überreicht worden. Ebenso liegen den Übertragungsnetzbetreibern als auch der Bundesnetzagentur Einwände aus vergangenen Konsultationen vor.
  • Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von HGÜ-Leitungen werden weiterhin geleugnet, obwohl keine aussagekräftigen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Auch wenn dies nicht Bestandteil der aktuellen Konsultation ist, werden wir immer wieder anprangern, dass hier in unverantwortlichem Maße das Wohl der Bevölkerung gefährdet wird und damit bewusst gegendemokratische Grundgesetze verstoßen wird.
  • Eine Optimierung der Trassenführung kann nur durch Berücksichtigung von Natur- und Umweltschutz erfolgen. Entscheidungen müssen im Sinne der Gesundheitsvorsorge für die betroffene Bevölkerung getroffen werden und haben oberste Priorität.
  • Alle zwischenzeitlich erstellten Studien die den Bedarf an HGÜ-Trassen in Zweifel stellen werden ignoriert. U.a. hat Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert, ausgewiesene Energieexpertin des DIW in Berlin feststellt, dass der geplante Netzausbau nur im Interesse der Übertragungsnetzbetreiber liegt und der Bedarfsplan überschätzt wird.
  • Der NEP 2025 ist nicht auf das Minimierungsgebot beim Netzausbau ausgerichtet. Einsparpotentiale wurden offensichtlich nicht erkannt, was den Verdacht nahelegt, dass dies im eigenen wirtschaftlichen Interesse der ÜNB auch gar nicht erwünscht war. Wenn man wie in Bayern allein durch das Verlegen von Trassenanknüpfungspunkten ein beachtliches Einsparpotential an Leitungen erreicht, werden sich bei ordnungsgemäßer Netzanalyse noch weitere Optionen zur Trassen-Minimierung finden.
  • Ohne Aktualisierung und Anpassung der Planungsunterlagen an den zu beachtenden Vorrang Erdverkabelung bei Gleichstromtrassen ist eine seriöse Kostenschätzung derzeit nicht möglich und verunsichert die Öffentlichkeit.
  • Die neue Gesetzeslage wird gravierende Änderungen in der Trassenplanung ergeben und daher lehnen wie alle im Vorfeld getroffenen Entscheidungen der Übertragungsnetzbetreiber bezüglich der Reduzierung der Untersuchungsräume zur Korridorfindung ab.
  • Die politische Situation hat sich durch die terroristischen Anschläge der letzten Wochen gravierend verändert. Infrastrukturprojekte in der Größenordnung des SuedLink und der anderen HGÜ-Trassen können nicht ausreichend geschützt werden, daher wäre die Versorgungssicherheit massiv gefährdet.
  • Ein Ausfall dieser gigantischen Übertragungsleitungen kann durch das bestehende Stromnetz nicht kompensiert werden. Ein weiterer Netzausbau um Engpässe zu vermeiden, wäre allerdings volkswirtschaftlich und ökologisch nicht tragbar.
  • Die Sicherheit der Netze liegt im Aufgabenbereich der ÜNB, Redispachmaßnahmen gehören zum normalen Netzbetrieb und müssen den Gesamtkosten eines Netzneubaus, mit Investitions-, Wartungs- und Instandhaltungskosten, gegenübergestellt werden.
  • Durch den Europäischen Stromverbund tritt die bedarfsgerechte Energieversorgung in den Hintergrund. Die unbegrenzte Einspeisung von Kohle- und Atomstrom der EU-Nachbarländer konterkariert die deutsche Energiewende.
  • Solange auf Europaebene keine vergleichbare Energiewendepolitik erkennbar ist, wird dermassive Übertragungsnetzausbau einzig und allein den Stromhandel begünstigen und das angestrebte Klimaziel der 40%igen Einsparung von CO2 bis zum Jahr 2020 zum Scheiternverurteilen. Die zähen Verhandlungen beim Klimagipfel in Paris verdeutlichen einmal mehr, dass die wirtschaftlichen Interessen der Großunternehmen nicht im Vordergrund stehen dürfen und den gigantischen Stromnetzausbau in Deutschland auch nicht rechtfertigen können.
  • Durch den weiteren Zubau von Kohlekraftwerken in Deutschland verzögern sich die Entwicklungsmöglichkeiten der Speichertechnologien. Der Übertragungsnetzausbau richtet sich nach den Interessen der Kohleindustrie, die trotz steigendem Anteil an Erneuerbaren Energien weiterhin ungehindert ihren Strom in die Netze einspeisen.
  • Gaskraftwerke als schnell regelbare und umweltfreundliche Alternative zu Kohlekraftwerken sollten verstärkt als Übergangstechnologie zum Einsatz gebracht werden.
  • Ein überdimensioniertes Stromtransportnetz kann Speicher für erneuerbare Energien nicht ersetzen.
  • Die Zusammenführung der Netzentwicklungspläne Strom und Gas ist im Sinne einer gesamtumfänglichen Betrachtung der Energieversorgung (Strom-Wärme-Mobilität) zielführend für ein zukunftsfähiges Energiemodell in Deutschland.
  • Der steigenden Stromproduktion kann man nicht mit einem grenzenlosen Ausbau der Stromnetze begegnen, die Berücksichtigung des bestehenden Gasnetzes als Speichermedium für „Windgas“ findet zu wenig Beachtung, wird aber in Zukunft unumgänglich sein, wenn man die Zielsetzung der 100%igen Versorgung mit Erneuerbaren Energien nicht aus den Augen verlieren will.
  • Fördermaßnahmen für PV-Anlagen und dezentrale Energiekonzepte verringern den Übertragungsnetzausbau. Strom kann dort erzeugt werden, wo er gebraucht wird. Der Bedarfsplan muss vorrangig dem tatsächlichen Verbrauch angepasst werden.
  • Die Notwendigkeit regionale Verteilnetze aus- und umzubauen muss ebenfalls durch aussagekräftige Verteilnetzstudien belegt werden. Dadurch ergibt sich eine weitere Reduzierung des Übertragungsnetzbedarfs.

Die Verantwortung der Übertragungsnetzbetreiber liegt in der Gewährleistung eines sicheren Stromnetzbetriebes und es sollten nicht die eigenen wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund gestellt werden.

Wir erwarten eine transparente Bewertung und Berücksichtigung der Stellungnahmen bei den weiterführenden Planungen und die Weiterleitung unserer Konsultationsunterlagen an die Bundesnetzagentur. Unsere ablehnende Haltung gegenüber der Gleichstromtrasse SuedLink werden wir aufrechterhalten und das weitere Planungsverfahren kritisch begleiten.

In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Aahrus-Konvention, die bereits im ersten Schritt der Netzplanung, der Strategischen Umweltprüfung, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Klage einräumt. Auch Deutschland hat das völkerrechtliche UN-Abkommen unterzeichnet. Wir Bürger und Bürgerinnen haben durch überdimensionierte Netzausbauvorhaben viel zu verlieren und fordern verbindliches Mitspracherecht bei Entscheidungen die einen massiven Eingriff in unser Leben und unser Wohnumfeld
bedeuten.

Mit der Veröffentlichung dieser Stellungnahme im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Netzentwicklungsplan 2025 ist die Bürgerinitiative KIEBITZGRUNDaktiv einverstanden.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Quanz
Sprecherin KIEBITZGRUNDaktiv
Bürgerinitiative gegen SuedLink