Die Lüge von der Erdverkabelung

„Die Möglichkeiten der Akzeptanzsteigerung des Netzausbaus durch die Erweiterung der Möglichkeiten der Erdverkabelung sind der richtige Weg“, so Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies.

Diese und ähnliche Worte kann man in den letzten Wochen von Politikern aller Fraktionen oft hören, denn jeder weiß – die Menschen brauchen einen kleinen Hoffnungsschimmer. Einen Streif am Horizont, der verspricht – Gesundheit und Wohnumfeldschutz, Landschafts- und Naturschutz – es wird zum Wohle der Menschen verantwortungsvoll gehandelt.

Doch Skepsis macht sich vor allem unter den Bürgerinitiativen breit,  Fragen über Fragen häufen sich. Was für ein Spiel wird hier getrieben?  Wer ist verantwortlich für eine Informationspolitik, die man als bewusste Irreführung der Bevölkerung bezeichnen kann? Mussten wir gerade feststellen, dass der Bürgerdialog Stromnetz eine Mogelpackung allererster Güte ist, soll  jetzt dieser aktuelle Gesetzentwurf die Volksseele beruhigen:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus

Also beleuchten wir diesen „Erdkabel-Szenariorahmen“, der die Akzeptanz für den Stromnetzausbau steigern soll. Gleich zu Beginn lesen wir:

… Auf Basis der bestehenden Rechtslage sind im Rahmen der vier Pilotstrecken im EnLAG Erdkabelabschnitte von summiert derzeit rund 30 Kilometer Länge vorgesehen.

Nun gibt es ja weitere Pilotstrecken, die zur Erdverkabelung freigegeben sind und es lautet im neuen Gesetzentwurf:

…Unter der Annahme, dass auf den nunmehr zusätzlich vorgesehenen vier Pilotstrecken nach dem EnLAG und dem BBPlG ebenfalls Erdkabelabschnitte mit einer summierten Länge von 30 Kilometer errichtet würden, entstünden – unter Zugrundelegung eines Erdkabel-Mehrkostenfaktors von sechs und von Kosten für eine alternative Freileitung in Höhe von 1,4 Millionen Euro je Kilometer – zusätzliche Investitionskosten in Höhe von insgesamt rund 200Millionen Euro. Diese Investitionskosten verteilten sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Nach einer Faustformel erhöhen sich bei Investitionskosten von 20 Millionen Euro pro Jahr die Netzentgelte der durchschnittlichen Haushaltskunden im Falle einer bundesweiten Wälzung um etwa 0,1 Prozent.

Klingt nicht gerade vielversprechend (bei einer Gesamtlänge der zu berücksichtigenden Projekte von weit mehr als 2000 km) und wenn man die aktuellen Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Gabriel zur Trassenfindung in Bayern inklusive Versprechungen bezüglich Erdverkabelung ernst nimmt, sind alle Möglichkeiten bereits ausgeschöpft, denn auch in seinem eigenen Wahlkreis ist bereits ein Erdkabelprojekt vorgesehen. Wer am lautesten protestiert, wird mit Erdkabelabschnitten belohnt? Wo Verlust von Wählerstimmen droht verspricht man „Ab in die Erde“? Wenn das die Vorstellung der Bundesregierung von Energiewendekonzept und verantwortungsvollen politischen Entscheidungen ist, dann gute Nacht Demokratie!

Heute, 27.06.2015, wird das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet. Ein Grund zu feiern aber auch Verpflichtung sich endlich der großen Aufgabe „regenerative Energieversorgung“ zu stellen und offen und ehrlich die weiteren Planungen voranzutreiben. Schreckensszenarien von flächendeckenden Blackouts und Leistungsengpässen heraufzubeschwören helfen da nicht weiter. Warum die Bundesregierung nicht eingesteht, dass wir für die Energiewende in Deutschland den SuedLink und die anderen HGÜ-Leitungen nicht brauchen, ist ein unlösbares Rätsel.

Wenn man jedoch offensichtlich eine europäische Energieunion anstrebt, dann sollten auch nachvollziehbare Überlegungen zum länderübergreifenden Stromnetzverbund angestellt werden. Dann müssten Bedingungen ausgehandelt werden, zu denen wir Deutschland als Transitland akzeptieren könnten. Was wir nicht dulden, ist ein Geschäftsmodell zu Lasten der Bevölkerung, wo niemand haftbar gemacht werden kann für Fehlentscheidungen, die sich immerhin in einer Größenordnung von mehreren Milliarden Euro bewegen.

Immer wenn durch zeitaufwendige Recherchearbeit die Bürgerinitiativen neue Hintergrundinformationen ans Licht bringen, werden Anpassungen im öffentlichen Auftritt der Regierung vorgenommen, sei es auf den Internetseiten der zuständigen Behörde BNetzA oder auch in Pressemeldungen. Letztendlich kann man hier schon von Betrug am Wähler sprechen, denn:

Betrug = Hintergehung, Täuschung, Machenschaft, Irreführung, Manipulation, Unterschlagung (von Tatsachen), Bauernfängerei,…

Im Strafgesetzbuch u.a. zu lesen unter: § 263 Betrug
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht …

Tja, ein findiger Jurist könnte diese Thema sicher weiter vertiefen…